Bücher
Michael Titze (Herausgeber)
Kleinbasel und der »Humor in der Therapie«
Hommage an René Schweizer
  HCD-Verlag, Tuttlingen
2. Auflage
416 Seiten
Kt / kartoniert
ISBN 3-938089-14-8
 
EUR 24.80

Bestellung
Klappentext
Dieses Buch gibt anschauliche Einblicke in die Entstehung einer heiteren und humorvollen Befreiungsbewegung. Es ist wie eine Wanderung durch die bunte Geschichte der erblühenden wissenschaftlichen, künstlerischen und praktischen Humor- und Lachlandschaften. René Schweizer hat den »taktischen Wahnsinn« gegen den Wahnsinn der Normalität als Belebungs- und Heilmittel erkannt und kultiviert, Ernst und Heiterkeit fusioniert. Sein Motto: »Jetzt wird gelebt und die Welt repariert!« Man könnte auch sagen therapiert, also sorgsam behandelt. Zu seinem 70. Geburtstag erscheint dieses Buch als kleines Dankeschön für seine großen Verdienste um die Humor- und Lachbewegung.

Prof. DDr. Alfred Kirchmayr (Wien)
Buchbesprechung von Christoph Müller

Auf den Punkt bringt es Professor Alfred Kirchmayr bereits in seinem Vorwort: »Dieses Buch gibt anschauliche Einblicke in die Entstehung einer heiteren und humorvollen Befreiungsbewegung. Es ist wie eine Wanderung durch die bunte Geschichte der erblühenden, wissenschaftlichen, künstlerischen und praktischen Humor-und Lachlandschaften.«
Ja, so ist es. Auf den 413 Seiten des Buchs »Kleinbasel und der Humor in der Therapie« erlebt man noch einmal mit, wie sich Menschen, bildlich geschrieben, die Wanderschuhe geschnürt haben, um mehr Heiterkeit und Humor in die Welt, insbesondere die therapeutische Welt zu bringen. Dass diese Expedition gelungen ist, zeigt der Blick in die Geschichte des therapeutischen Humors. Die bislang beste Gelegenheit auf dem Buchmarkt bietet das vom Vordenker der Humorbewegung, Michael Titze, herausgegebene Buch »Kleinbasel und der Humor in der Therapie«.
So ist es auch ein kleines Abenteuer, die geschichtlichen Rückblicke in vielen kleinen Episoden erzählt zu bekommen. Es ist mindestens eine so große Herausforderung, »historische« Texte zu lesen. Es ist aber auch beeindruckend, manche grundlegenden Artikel von bedeutenden Akteuren in der Humor- und Lachbewegung lesen zu dürfen.
Doch welche Expedition wagten die Humor- und Lachaktivisten, als sie Ende der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts den Humor und das Lachen in soziale und therapeutische Kontexte einbrachten. Michael Titze ist es, der in seinem Aufsatz »Heilsame Verwirrspiele – oder: Das Paradoxe als Therapie« schreibt: »Das große Anliegen paradoxer Psychotherapie besteht also darin, den Klienten zu einer radikalen Kursänderung zu veranlassen. Durch absichtliche oder willentliche Produktion des bislang störenden Verhaltens wird eine Umstellung vorgenommen, die aus der Perspektive der Alltagsvernunft widersinnig erscheinen muss: Und doch ist gerade das die Voraussetzung dafür, dass der Klient nicht mehr von seinem Symptom unter Kontrolle gehalten wird, sondern dass er selbst es jetzt ist, der dieses Symptom kontrolliert.« (227)
In all den Jahren war Michael Titze natürlich nicht der einzige, der die mal beschwerliche, häufiger heitere Wanderung wagte. Der Gerontopsychiater Rolf Dieter Hirsch erzählt in dem Buch »Kleinbasel und der Humor in der Therapie«, wie er die Ressource Humor in die Begleitung alter Menschen einbrachte. Die Psychotherapeutin Noni Höfner dokumentiert einmal mehr »Frank Farrellys Provokative Therapie«.
Inspiriert waren sie alle von Rene Schweizer, derin diesem Jahr seinen siebzigsten Geburtstag feiert. Als Meister des Absurden und Skurrilen hat er Schweizer Behörden und Eidgenossen genarrt. Die Lektüre des Buchs »Kleinbasel und der Humor in der Therapie« fühlt es sich während des Lesens wie ein Hochamt, eine feierliche Liturgie an. Titze huldigt seinem Weggenossen Schweizer mit den Worten: »Ernst und Unernst sind für René Schweizer überhaupt die Pole, zwischen denen jene kreative Energie fließt, die die geistigen Verkrustungen auf unserem Erdball weichspült.« (21)
Geht es denn, dass man während einer Wanderung Gottesdienst feiert? An so manchem Wanderweg steht eine Kapelle und bietet die Gelegenheit zur Besinnung. Möglicherweise sind die Basler Humorkongresse in dieser Weise zu verstehen. Sie boten die Möglichkeit, im öffentlichen Diskurs über die Perspektiven des therapeutischen Humors nachzudenken. Diesen Eindruck hinterlassen beispielsweise auch die Erlebnisberichte mancher Aktivistinnen und Aktivisten, die auch noch heute ihre Spuren in der deutschsprachigen Humor- und Lachbewegung hinterlassen.
Man schließt Bekanntschaft mit wichtigen Personen aus der Humorbewegung. Man schließt Freundschaft mit den inhaltlichen Anstößen der heiteren Vordenker. Man lernt Gelegenheiten kennen, wie man in seinem eigenen persönlichen und beruflichen Umfeld für heitere Abwechslung sorgen kann. Vor allem ändert sich der Blick auf die Welt mit den zahllosen Überlegungen, die das Buch »Kleinbasel und der Humor in der Therapie« anbietet.
Da ist Pello, der Clown. Er entwickelt einen Kontrapunkt zur mühevollen Wanderung. Alle Erkenntnisse und Erfahrungen mag er weitergeben, schreibt er. »Humor als Schwimmring auf dem Strom des Alltags« – und er hofft, dass wir uns dann immer wieder mal ein bisschen schwerelos, einem Baby gleich, vom Wasser getragen fühlen und vielleicht eines Tages gar keine Schwimmhilfen mehr brauchen. (268) Oder da sind Udo Berenbrinker und Jenny Karpawitz, die den »Clown als Beruf und Berufung« sehen. Sie mutmaßen, warum sie den Humor und das Lachen zu ihrem Brotberuf machten: »Vielleicht war es auch der Wunsch, die Lebendigkeit und Unbeschwertheit hinüberzuretten in die Welt derfunktionierenden Normalität. Eine Lebendigkeit, die nicht Halt macht vor den Tabus und Normen.« (271)
Während der Wanderung heißt dies, dass es auch hier und dort Umwege geben kann, die das Miteinander unbeschwerter, weil heiter machen. Ja, solche scheinbar nicht zu erkennenden Wege zeigt das Buch »Kleinbasel und der Humor in der Therapie« auf. Die Wissenschaft vom Lachen, die Gelotologie, wird sehr geradlinig gedacht. Die Humorpraxis lebt von den unzähligen persönlichen Erfahrungen. Von diesem Spannungsbogen lebt das Buch »Kleinbasel und der Humor in der Therapie«. Wirklich gelungen. Denn nach der Lektüre schnürt man die Wanderschuhe fester. Man wagt es gar nicht, die Schuhe auszuziehen.