ddp-Bericht, 14.12.2003
Interview mit Michael Titze
Von Dudin Mey
»Humor ist ein effektives Mittel gegen alle Zeitkrankheiten, die mit Angst zu tun haben«, sagt Michael Titze, Diplompsychologe und Humorforscher in Tuttlingen. Dazu gehörten etwa Erwartungsängste, Schamgefühle und Selbstwertprobleme, die in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hätten. »Menschen, die häufig lachen, kommen im sozialen Leben besser an«, betont Titze. Sie wirkten auf ihre Mitmenschen spritzig, witzig und einfallsreich. Gezieltes Lachen lasse sich daneben auch bei Stress und daraus resultierenden Erkrankungen sehr gut einsetzen.

Beim Heilen mit Humor gibt es nach Angaben des Experten zwei Ansätze. »Mit dem therapeutischen Humor, soll die Grundeinstellung des Behandelten geändert werden«, erläutert Titze. »Viele Menschen haben Angst davor, auf ihr Umfeld lächerlich zu wirken.« Dadurch verkrampften sie sich im Umgang mit Anderen und stießen zwangsläufig immer wieder auf Ablehnung.

In den therapeutischen Sitzungen werde das Problem mit Witz angegangen: »Betroffene gehen auf die Bühne und versuchen ihre Schwächen übertrieben darzustellen, etwa eine Ansprache möglichst schlecht zu halten«, sagt der Psychotherapeut. Durch diese humorvolle Vorstellung bringen sie ihre Zuschauer zum Lachen, aber diesmal nicht mehr ungewollt. »Die Therapieteilnehmer haben nun ihre Schwäche unter Kontrolle«, erklärt Titze.

Auch die »Clowndoktoren« arbeiten nach dem gleichen Prinzip, wenn sie versuchen, vor allem sehr jungen Krankenhauspatienten durch lustige Übertreibungen die Angst zu nehmen. »Der therapeutische Clown stellt sich auf die Stufe von Kindern und schafft damit ein lockeres und soziales Umfeld«, sagt der Diplompsychologe. Mit überdimensionalen Spritzen - etwa gefüllt mit Cola - oder ihrem ungeschickten Hantieren mit den Instrumenten im Krankenzimmer nehmen die Spaßvögel ihren kleinen Zuschauern die Furcht vor der fremden Klinikwelt. »Inzwischen arbeiten die oft ehrenamtlichen Clowns in Deutschland fast flächendeckend«, betont Titze.

Neben dem therapeutischen Humor erfreut sich derweil auch das »Yogalachen« wachsender Beliebtheit. »Besonders Menschen, die unter starkem Stress stehen, sind in den so genannten Lachclubs gut aufgehoben«, sagt der Wissenschaftler. Dort werde in der Gruppe bei bestimmten Übungen gelacht und zwar 20 oder 30 Minuten am Stück. Nur bei langanhaltendem Gelächter werde eine heilsame Wirkung erzielt.

»Beim herzhaften Lachen verselbstständigt sich der Körper, Geist und Vernunft werden ausgeschaltet«, betont Titze. Gleichzeitig würden viele Funktionen hochgefahren: »Die Atmung verstärkt sich, dadurch kommt mehr Sauerstoff in die Lunge«, unterstreicht der Humorforscher. Auch werde die Durchblutung der Muskulatur sowie die Immunabwehr verbessert, Stresshormone abgebaut und die Verdauungsdrüsen angeregt. Zudem komme es zur Ausschüttung schmerzlindernder Hormone, den so genannten Endorphinen: »Den Lachenden wird dadurch ein Hochgefühl vermittelt.«