Feel good Magazin, Frühling/Sommer 2002, No. 3
Wer lacht, gewinnt
Zehn Fragen an den Lachforscher Dr. Michael Titze

Sie propagieren Humor als Therapie. Warum?

Dr. Michael Titze: Humor kann Wege aufzeigen, wie wir mit den Ansprüchen und Erwartungen der heutigen Gesellschaft zurechtkommen können. Man muss sich einfach auf die Quellen der Freude zurückbesinnen, über die jeder Mensch verfügt. Nehmen wir uns ein Beispiel an den Kindern! Sie denken weniger logisch, machen sich weniger Gedanken um den Ernst des Lebens. Das kindliche Gemüt in uns wieder aufzuspüren ist das Anliegen der Humortherapie. Ist dies einmal gelungen, können wir die Zwänge des Überbietungsdenkens munter durch den Kakao ziehen und relativieren.

Was genau macht das Lachen gesund? Sie betonen auf der Website www.humor.ch die therapeutische Wirkung des Lachens. Stimmt es, dass der Prozess des Lachens das Immunsystem stärkt?

Dr. Michael Titze: Untersuchungen von amerikanischen Wissenschaftlern zeigen, dass Lachen genau jene Blutinhaltstoffe zu vermehren hilft, die der Immunabwehr dienen. Lachen führt zu einer Vermehrung der natürlichen Killerzellen, die bei der Eliminierung geschädigter Zellen von Bedeutung sind. Man kann das so genannte Reflexlachen gezielt zur Stärkung der Immunabwehr einsetzen.

Haben Menschen, die viel lachen, mehr Erfolg im Beruf?

Dr. Michael Titze: Unbedingt! Wer lacht, gewinnt. Das hängt zum einen damit zusammen, dass Lachen die psychosomatischen Lebensgeister weckt. Zum anderen stellt das Lachen die kommunikative Verbindung zwischen Menschen her. Griesgrame, die dreinschauen wie Abschmecker in einer Essigfabrik, wirken weniger sympathisch auf ihre Umwelt. Denn was einen Menschen wirklich anziehend macht, ist die Mimik des lächelnden oder lachenden Gesichts.

Zwingen Sie sich manchmal zu lachen?

Dr. Michael Titze: Keinesfalls. Das Lachen ist Ausdruck einer inneren Freiheit, wie sie die Lebensrealität eines kleinen Kindes kennzeichnet. Wir müssen einfach beginnen, die vielen Ungereimtheiten und Absurditäten unseres Alltags nicht mehr ernst zu nehmen. Dann stellt sich das Lachen wie von selbst ein. jeder kennt das aus der Kindheit: Am intensivsten lachten wir in jenen Situationen, in denen es verboten war.

Ich habe einmal gelesen, man solle bei einem Stimmungstief einen Stift mit den Zähnen im Mund halten. Bereits das so simulierte Lachen würde das seelische Befinden bessern. Was halten Sie von solchen doch etwas mechanischen Tipps?

Dr. Michael Titze: Diese Bleistiftmethode geht auf Erkenntnisse des amerikanischen Emotionsforschers Paul Ekman zurück. Er stellte in kontrollierten Experimenten fest, dass die Aktivierung des so genannten Wangenhebers dazu führt, dass unsere Hirnaktivität angeregt wird. Wahrscheinlich kommt es auch zu einer Ausschüttung von Endorphinen, den viel zitierten Glückshormonen. Wenn Menschen verlernt haben, diesen wichtigen Muskel zu aktivieren, kann die Bleistiftmethode ein erster Schritt in die richtige Richtung sein.

Kann man Lachen also trainieren?

Dr. Michael Titze: Ja. Und es gibt inzwischen auch in Deutschland jede Menge Lachklubs, wo dies sachkundig gemacht wird.

Warum wirkt Lachen eigentlich ansteckend?

Dr. Michael Titze: Jede Mutter kennt das. Wenn ihr Baby lächelt, muss sie geradezu zurücklächeln. Das ist ein angeborener Reflex, der sich ganz zwanglos und wie von selbst einstellt. Ein freundliches Lachen wirkt ebenfalls ansteckend. Wenn das Lachen jedoch sehr laut und triumphierend ist, kann es viele von uns auch erschrecken. Besonders jene, die sich davor fürchten, auf andere lächerlich zu wirken.

Was würden Sie einem Menschen wie Buster Keaton raten? Der amerikanische Komiker war dafür berühmt, in seinen Filmen niemals zu lachen.

Dr. Michael Titze: Viele professionelle Spaßmacher lachen deshalb nicht, weil sie sich bewusst in die Position eines lächerlichen Menschen begeben. Sie tun also das, was jene befürchten, die unfreiwillig komisch sind - sich zu einem Objekt zu machen, über das gelacht wird. Der Clown tut dies bewusst, und darin liegt seine Stärke, die heute auch therapeutisch genutzt wird - bei Menschen, die unter einer Gelotophobie, das heißt der Angst, ausgelacht zu werden, leiden. Dies habe ich in meinem Buch »Die heilende Kraft des Lachens« ausführlich beschrieben. Ich habe dargelegt, wie segensreich ein therapeutischer Clown arbeiten kann.

Welche Komiker schätzen Sie besonders?

Dr. Michael Titze: Jene, die die Mitmenschen ohne Worte, also körpersprachlich zum Lachen bringen. Zwei davon sind Alfred Gerhards und René Schweizer, mit denen ich seit Jahren zusammenarbeite.

Was tun Sie, wenn Ihnen das Lachen vergeht? Das wird ja wohl auch mal vorkommen, oder?

Dr. Michael Titze: Dann nehme ich mir ein Beispiel an Buster Keaton.