Bad Zurzach:
Illustre Gesprächsrunde zum Thema »Humor gewinnt«
Am Humorkongress in Bad Zurzach bildete eine Podiumsdiskussion mit hochkarätigen Teilnehmern den Höhepunkt des dritten Tages. Dabei wurde das Phänomen »Humor« von verschiedenen Seiten her beleuchtet und die heilsameWirkung des Lachens deutlich unterstrichen.
Um der komplexen Thematik gerecht zu werden, liessen sich die Organisatoren bei der Zusammensetzung des sonntäglichen Podiums nicht lumpen. Neben Philosophin Annemarie Pieper und Psychotherapeut Michael Titze komplettierten Schriftsteller Klaus Merz sowie Clown Dimitri die illustre Runde. Ordensschwester Ingrid Grave fungierte als Gesprächsleiterin. Es entwickelte sich eine muntere und für die Zuhörer gut verständliche Diskussion.
Nicht nur lustig
Dass man mit Humor allein nicht durchs Leben kommt, darin waren sich die Gesprächsteilnehmer einig: »Humor und Ernst gehören zusammen. Denn ohne Ernst bräuchten wir keinen Humor und dann gäbe es ihn auch nicht«, meinte Annemarie Pieper. Michael Titze ergänzte: »Neben den heiteren Aspekten des Lebens muss man auch seine melancholischen Seiten akzeptieren. Auch sie gehören dazu.« Ähnliches könne man im Komikergeschäft beobachten: »Ein Komiker, der wie eine Maschine im Sekundentakt Witze von sich gibt, findet man irgendwann auch nicht mehr lustig, weil es zu künstlich wirkt«, so die Meinung von Klaus Merz. Ein guter Clown beispielsweise müsse mehr Facetten verkörpern als ständig nur lustig sein, wie Dimitri bestätigte: »Es verhält sich ähnlich wie mit der Musik - ein Musikstück ohne Pausen wäreschrecklich.«
Wie genau definiert man denn nun »Humor«? Gemäss Annemarie Pieper ist der Humor eine Lebenseinstellung, »die mich langfristig begleiten soll und mehr ist als bloss ein Witz. Humor muss man sich immer wieder neu erarbeiten.«
Das Wesen des Humors habe viel mit Inkongruenzen zu tun, so die Ansicht von Michael Titze: »Wenn man zwei Welten zusammenbringt, die eigentlich nicht zusammengehören, entsteht Humor. Es geht also um Kontraste - die meisten Witze funktionieren auf diese Weise.«
»Freude am Blamieren«
Eine bedeutende Komponente des Humors stellt die Selbstironie dar, ein wichtiges Instrument auch in der Therapie. Psychotherapeut Titze: »Oftmals rührt eine psychische Erkrankung daher, dass der Patient ein perfekter Mensch sein will. Der Therapeut muss ihm dann die Angst vor der eigenen Unvollkommenheit nehmen, was mit dem Aneignen einer gesunden Portion Selbstironie am besten funktioniert.« Dies gelte aber nicht nur für kranke Leute, sondern generell lohne es sich, wenn man sich die »Freude am Blamieren« aneigne: »Wird man beispielsweise beleidigt und gibt dem Angreifer mit einem selbstironischen Spruch auch noch Recht, nimmt ihm das sofort den Wind aus den Segeln.«
Klaus Merz entgegnete jedoch, dass es in so einem Fall mit Humor allein nicht getan sei: »Mit dem Spruch zeigt man sich zwar überlegen und schlagfertig, der innere Schmerz - ausgelöst durch die Beleidigung - bleibt aber zurück. Zudem läuft man Gefahr, dass die Sprüche irgendwann ihre Wirkung verlieren und man nicht ernst genommen wird.« Ähnlich äusserte sich Annemarie Pieper: »Mit lockeren Sprüchen ändert man womöglich nicht die grundsätzliche Einstellung, die ein Mensch gegenüber einem hat.«
Michael Titze ist aber überzeugt, dass Humor dabei zumindest eine Hilfestellung bietet: »Studien belegen, dass durch gemeinsames Lachen zwischenmenschliche Brücken aufgebaut werden. Und es ist klar, dass man Selbstironie punktuell einsetzen muss; wenn man konstant ironisch ist, verliert es die Wirkung.« Wer noch kein Meister der Selbstironie ist, dem sei tröstend noch gesagt: »Sich selbst auf den Arm nehmen, ist bekanntlich die schwierigste Turnübung.«
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