Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Geht es um Lachen als Therapie, steckt in diesem Satz viel Wahrheit. Denn diejenigen Menschen, denen der therapeutische Humor nutzen soll, befinden sich oft in Situationen, in denen ihnen nicht nach Späßen zu Mute ist - zumindest glauben das die Mitmenschen.
Dies kann zu Missverständnissen führen, die viele Menschen nicht wirklich witzig finden. Vor Missverständnissen hatte vielleicht auch Michael Titze, der wissenschaftliche Leiter des Kongresses, Angst - denn in Berlin war eine ähnliche Veranstaltung mit Hinweis auf den Amoklauf in Erfurt abgesagt worden. »Das, was wir tun, hat nichts mit Comedy und Unterhaltungshumor zu tun«, erklärte Titze bei der Eröffnung, »es geht nicht um den schnellen Effekt der Spaßgesellschaft, sondern um einen Perspektivenwechsel, um eine an sich unerträgliche Situation erträglich zu machen.« Titze ergänzte: »Der Weltlachtag ist auch ein Weltfriedenstag. Menschen, die zusammen gelacht haben, werden nicht aufeinander schießen.«
Ob das immer zutrifft, sei dahingestellt. Wirklichen Unterhaltungswert hatte Manfred Rommel mit seinem Grußwort, auch wenn sein Auftritt auf einer solchen Veranstaltung in Stuttgart fast so zwangsläufig zu erwarten war wie das Salz auf der Brezel. Durch sein Amt sei er »als Frohnatur stadtbekannt« geworden, wie er selbst sagte. In Sachen Spaßgesellschaft von ihm nur so viel: »Man merkt den Beiträgen, die dabei produziert werden, die Qual an, wenn es heißt: Humor ist Pflicht.« Rommel äußerte aber Mitleid mit den Spaßmachern auf Knopfdruck. Denn es sei sehr schwer, guten Humor zu produzieren. »Die Aussicht, das auf der Fasnet, beim Weindorf und auf dem Volksfest machen zu müssen, hat mir regelmäßig Weihnachten vergällt«, gestand Rommel. Er brachte Risiken und Nebenwirkungen des Kongressthemas auf den Punkt: »Auch im Krankenhaus hat Humor seinen Platz. Man sollte ihn nur nicht bei Frischoperierten ausüben, sonst wird es ungeheuer schmerzhaft.«
Mit Anekdoten Gefühle ansprechen
Doch beim therapeutischen Humor geht es nicht nur darum, jemanden zum Kichern zu bringen. Durch Geschichten, Anekdoten, Sinnsprüche und Lebensweisheiten können Therapeuten auf andere Weise mit schwer kranken Patienten kommunizieren als auf rationaler und logischer Ebene, hat Nossrat Peseschkian festgestellt - und daraufhin eine psychotherapeutische Schule, genannt Positive Psychotherapie, gegründet. Weil Gefühl und Fantasie angesprochen werden, »haben wir damit gute Ergebnisse bei schwer Kranken erzielt, zum Beispiel bei Menschen mit psychischen Störungen, aber auch bei Patienten mit chronischen Krankheiten wie multipler Sklerose oder Zuckerkrankheit«.
Etwa 500 Geschichten aus unterschiedlichen Kulturen habe er gesammelt, um sie in der Behandlung einzusetzen, berichtete Peseschkian. Obwohl der Ansatz zunächst ein wenig wie eine Märchenstunde klinge, sei an der Wiesbadener Akademie für Psychotherapie inzwischen gut untersucht worden, wie diese Art der Kommunikation wirke: Geschichten, die auf die Situation der Patienten abgestimmt seien, hätten zum Beispiel die Funktion eines Spiegels, in dem die Betroffenen ihre Verhaltensmuster erkennen und mit Abstand sehen könnten. So ließen sich neue Möglichkeiten vermitteln, auf Probleme zu reagieren, »weil man sich in Geschichten mit den Problemen anderer Personen identifizieren, deren Lösungsstrategien erkennen und darüber nachdenken kann«. Auf diese Weise, so Peseschkian, könnten Patienten relativ schnell dazu gebracht werden, »Konflikte anders als bisher zu bearbeiten, was ihre Beschwerden oft deutlich bessert«. Auch sonst ging es oft um Perspektiven: Manche Vortragende versuchten davon zu überzeugen, dass Humorlosigkeit nicht nur krank mache, sondern in Unternehmen auch ein ernst zu nehmender und unnötiger Kostenfaktor sein kann - zum Beispiel als Motivationshemmnis oder Mobbinganlass.
Zu Trauernden nicht nur ernst sein
Selbst im Umgang mit Trauernden oder Sterbenden, bei dem die meisten Menschen nur größtmöglichsten Ernst für passend halten, könne es Erleichterung bringen, sich manchmal von gesellschaftlich »erlaubten und schematisierten Ausdrucksweisen zu lösen«, sagte Alfred Gerhards, der Clown und Humorberater ist: »Wir vergessen oft, dass Sterbende Lebende sind. Viele Menschen trauen sich aus Unsicherheit nicht, bei Besuchen auch einmal banale Alltagsthemen anzusprechen, wie etwa Fußballergebnisse oder die Mathe-Note der Enkelin. Und dadurch schließt man sie schon vom Leben aus, obwohl es die meisten nicht wollen.«
Die Angst, Gefühle zu verletzen, oder der Wunsch, Peinlichkeiten zu umgehen, belaste auch den Umgang mit Trauernden. »Viele Angehörige bleiben lange allein, weil die Menschen in ihrer Umgebung sich nicht trauen, Kontakt mit ihnen aufzunehmen - die Betroffenen empfinden das manchmal genauso schlimm wie den Verlust selbst.«
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