Focus Gesundheit, 28.01.2006
Infos zum Focus Thema »Kraft des Lachens«
Die Gäste

Psychologischer Psychotherapeut und Psychoanalytiker
Dr. Michael Titze, 58 Jahre, Tuttlingen
Dr. Michael Titze ist Lachforscher, Begründer von HumorCare, hat eine eigene Praxis in Tuttlingen und arbeitet seit vielen Jahren als Seminarleiter und wissenschaftlicher Leiter der Humorkongresse in Stuttgart und Basel.

Durch die eigene Krankheit zum Lach-Yoga
Christoph Emmelmann, 44 Jahre, München
Christoph Emmelmann ist Lach-Yoga-Therapeut und Trainer für Stressmanagement, Autorisierter Ausbilder des Verbandes der deutschen Lach-Yoga-Therapeuten und 1. Vorsitzender von HumorCare Deutschland e.V. Außerdem hat er die 1. Münchner Lachschule gegründet, die er auch leitet.

Angelika Atzorn, Ehefrau von Robert Atzorn, Yoga-Lehrerin
Angelika ist seit 1976 mit Schauspieler Robert Atzorn verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Sie ist Tänzerin und Schauspielerin.
Keine Diät und keine Medizin halten das Herz so gut in Schuss wie Humor und häufiges Lachen. Schon Wilhelm Busch wusste: "Humor zu haben ist die List, zu lachen, wenn's zum Weinen ist". Obwohl die Wirkungen des Lachens auf die Gesundheit schon seit Jahrhunderten sprichwörtlich sind, hat sich die Wissenschaft mit dem Phänomen des Lachens erst sehr spät auseinandergesetzt. Seit ca. 40 Jahren beschäftigen sich Forscher ganz ernsthaft mit dem, was Menschen so einzigartig macht: Humor und Lachen.

Keine Diät und keine Medizin halten das Herz so gut in Schuss wie Humor und häufiges Lachen. Obwohl die Wirkungen des Lachens auf die Gesundheit schon seit Jahrhunderten sprichwörtlich sind, hat sich die Wissenschaft mit dem Phänomen des Lachens erst sehr spät auseinandergesetzt. Seit ca. 40 Jahren beschäftigen sich Forscher ganz ernsthaft mit dem, was Menschen so einzigartig macht: Humor und Lachen. Einige positiven Auswirkungen des Lachens sind wissenschaftlich belegt: Das Lachen stärkt das Immunsystem, setzt körpereigene "Glückshormone" frei, stabilisiert den Kreislauf, regt die Verdauung an und lindert Schmerzen.
Es ist Medizin für Leib und Seele. Lachen baut Stress ab und kann sogar bei depressiven Verstimmungen helfen. Dennoch lachen Erwachsene am Tag durchschnittlich nur 15 Mal. Das Problem: Wir lachen selten, weil wir etwas lustig finden. Vielmehr amüsieren wir uns über banale Äußerungen, die unseren Vorstellungen von Humor eigentlich gar nicht entsprechen. Gerade Kinder und Jugendliche können stundenlang kichern und gackern. Erwachsene verkneifen sich eher mal einen Lacher. Der Grund: Sie haben Angst albern zu wirken und nicht ernst genommen zu werden. Das ist schade, denn Lachen ist die beste Medizin. Was manchen merkwürdig anmutet, hat sich inzwischen in einer weltweiten Humor- und Lachbewegung etabliert: Lachen nicht als spontane Reaktion, sondern nur des Lachens wegen - im Club, z.B. mit Lachyoga. Durch herzhaftes Lachen werden Glückshormone ausgeschüttet, die Stimmung hellt sich auf und die gute Laune hält spürbar an.

Der Vater der bekannten Klinik-Clowns ist der Amerikaner Dr. Hunter "Patch" Adams. Sein Leben und seine Aktivitäten wurden 1999 sehr erfolgreich mit Robin Williams in der Hauptrolle verfilmt. Schon als Medizinstudent vertrat er die unerschütterliche Meinung, dass Lachen oft die beste Medizin sei. Mit seinen erfrischenden Methoden und verrückten Überraschungen weiß er die Patienten aufzuheitern und treibt so die Heilung voran. In immer mehr Krankenhäusern findet deshalb eine "Clownsprechstunde" oder "Clownvisite" statt. Die Clowns - meist Schauspieler, Musiker oder Jongleure - werden vor ihren Auftritten von den Ärzten, Krankenschwestern und Kinderpsychologen über die medizinische Situation und die Stimmung der einzelnen Patienten informiert. Anschließend ziehen sie mit dem Auftrag los, diese mit ihrer Fröhlichkeit anzustecken, sie zum Lachen zu bringen. Denn Lachen macht nicht nur Spaß, es aktiviert auch die Selbstheilungskräfte.


Die Lehre vom Lachen

Die Wirkungen des Lachens untersuchen weltweit rund 200 Lachforscher, sogenannte Gelotologen (Gelos, griechisch für: lachen). Sie erforschen in erster Linie die gesundheitsfördernde Wirkung des Lachens. Ein Teil der Wissenschaftler untersuchen auch die Mimik beim Lachen und eine Handvoll beschäftigt sich mit den Geräuschen, die dabei entstehen. Lachforscher glauben mittlerweile zwischen echtem und falschem Lachen unterscheiden zu können. Ein echtes Lachen beginnt spätestens eine halbe Sekunde nach dem Lachreiz. Der Lachende schließt die Augen und schaut sein Gegenüber dann erst einmal nicht mehr an. Ein weiteres Indiz sind die Lachfalten. Ohne die ist das Lachen wahrscheinlich gespielt. Beim Lachen geschieht Erstaunliches mit der menschlichen Stimme: In wenigen Millisekunden kommt eine herzhaft lachende Frau auf eine Tonhöhe von 1000 Hertz, wobei die normale Frequenz bei 100 Hertz liegt. Die Wissenschaftler sagen, dass der komplexe Vorgang des Lachens, also die Lachmelodie, die Grunz- und Schnarchlaute und die Veränderung der Tonhöhe unbewusst gesteuert werden und deshalb niemals glaubwürdig nachgeahmt werden können. Jeder Mensch erkenne instinktiv, ob das Lachen des Gegenübers echt sei.


Lachen ist ein "Geburtsgeschenk"

Lachen ist nicht nur eine Zaubermedizin, sondern ein natürliches Potential, das wir alle haben, ein "Geburtsgeschenk". Jeder hat schon erlebt, wie befreit und entspannt man sich nach einem Lachanfall fühlt. Trotzdem: Nur noch rund sechs Minuten lacht der deutsche Durchschnittsbürger am Tag. Vor 40 Jahren war es noch dreimal so lang. Hat es uns das Lachen verschlagen? Oder liegt es daran, dass wir immer "erwachsener" werden? Kinder lachen 500mal mehr als Erwachsene. Allerdings ist auch hier die Tendenz eher sinkend, seit die Kids schon mit fünf Jahren vor dem Computer sitzen. In einer Leistungsgesellschaft mit steigenden Anforderungen hat Humor kaum mehr Platz - das geben wir unbewusst an unseren Nachwuchs weiter.


Ganzkörper-Einsatz

Beim Lachen betreibt der Körper Hochleistungssport: Vom Gesicht bis zum Bauch sind beim Lachen fast 300 verschiedene Muskeln beteiligt. Allein der "Lachmuskel", der Zygomaticus, spannt 15 Gesichtsmuskeln an, darunter die des Tränensacks, so dass wir Tränen lachen können. Bei einem richtigen Lachanfall pressen die Bauchmuskeln die Luft mit einer Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometern hinaus. Die Atmung geht um ein Vielfaches schneller und die Lunge nimmt rund drei- bis viermal so viel Sauerstoff auf wie gewöhnlich. Dabei wird der Brustkorb teilweise schmerzhaft gezerrt und das Zwerchfell hüpft. Nach herzzerreißendem Lachen kommt der Körper wieder zur Ruhe. Nach der großen Muskelanspannung und der inneren Massage durch das vibrierende Zwerchfell sind die Muskeln nun gut durchblutet und entspannt. Die Entspannung geht sogar über das Körperliche hinaus, denn so ein Lachanfall baut Stresshormone ab.


Worüber wir lachen

Wir lachen über alles Mögliche. Nur: Das Wenigste ist wirklich komisch. Der Lachforscher und Psychologie-Professor Robert Provine fand das bei einer Feldforschung heraus. »Weniger als 20 Prozent unserer Lacher waren eine Reaktion auf etwas, das auch nur eine entfernte Ähnlichkeit mit Humor hatte.«


Lachen ist die beste Medizin

"Lachen ist gesund" - heißt es im Volksmund. Doch obwohl die Wirkungen des Lachens auf die Gesundheit seit Jahrhunderten sprichwörtlich sind, wird das Lachen erst seit kurzem in der Therapie eingesetzt. In den letzten zwanzig Jahren wurden weltweit umfassende wissenschaftliche Forschungen durchgeführt, die beweisen, dass Lachen eine positive Auswirkung auf verschiedene Funktionen des Körpers hat. Lachen trägt dazu bei, den negativen Folgen von Stress vorzubeugen, die heute an erster Stelle der Todesursachen stehen. Bei Bluthochdruck, Herzleiden, Angst, Depressionen, chronischen Erkältungen, Magengeschwüren, Schlaflosigkeit, Allergien, Kopfschmerzen, Magenverstimmungen und sogar Krebs besteht in mehr als 70 Prozent aller Fälle ein Zusammenhang mit Stress. Lachen setzt im Körper einen Cocktail von Glücksbotenstoffen, von Endorphinen frei, die zu Entspannung und Wohlbefinden führen. Durch Lachen werden alle Organe besser durchblutet und mit Sauerstoff versorgt. Es beugt Krankheiten vor und unterstützt die Heilung. Es wurde nachgewiesen, dass Lachen zu einer Stärkung unseres Immunsystems beiträgt. Lachen aktiviert das Gehirn und fördert die Verbindung der beiden Gehirnhälften hin zu mehr Kreativität. Lachen löst Probleme und lässt uns das Leben spielerischer und humorvoller nehmen. Lachen verbindet und schafft Freunde. Lachen kann also auch bei depressiven Verstimmungen helfen.


1 Minute Lachen entspricht 10 Minuten Jogging

"Lachen öffnet das Herz", wusste schon der Altmeister des Humors Charly Chaplin. Herzhaftes Lachen setzt nicht nur körpereigene Glückshormone frei, es kräftigt auch das Herz-Kreislauf-System: 20 Sekunden Lachen entspricht etwa der körperlichen Leistung von drei Minuten schnellem Rudern, 1 Minute Lachen etwa 10 Minuten Jogging. Nach dieser Beschleunigung des Herzschlags verringert sich anschließend der Herzrhythmus und Blutdruck. Einer Studie zufolge halbiert häufiges Lachen sogar die Infarktgefahr.


Lachen gegen Cholesterin

Ausgiebiges Lachen erhöht auch die Konzentration von körpereigenen Abwehrzellen. Unterstützt durch die gleichzeitige Ausschüttung von Hormonen hemmen sie Entzündungen, greifen Krebszellen, Bakterien und Viren an. Lachen stärkt zudem die Funktion der Lungen. IntensiveLachatmung fördert den Sauerstoffgehalt des Blutes und die Ausscheidung von Cholesterin.


Lachen als sozialer Klebstoff

Lachen kann auch als Indikator für Sympathien oder Antipathien genutzt werden. Die Menschen in einer Reisegruppe etwa, die etwa eine Woche miteinander verbringen werden, lachen sich nachgewiesenermaßen am Anfang dieser Zeit häufiger an als zum Ende. Schon in den ersten Stunden wird durch häufiges Lachen geklärt, wer sich innerhalb der Gruppe am sympathischsten ist. Das Lachen zeigt an, dass zwei Menschen sich freundlich gesonnen sind, dass sie sich gegenseitig zustimmen, also eine Basis an Gemeinsamkeiten haben. Dieser Gruppenfindungsprozess geschieht fast ausschließlich unbewusst. Die Lachkommunikation hat hier den Vorteil, dass die Gefühle nicht offen ausgesprochen werden und sich so auch niemand direkt verletzt fühlen muss. Aufgrund seiner Ordnungsfunktion innerhalb sozialer Gruppen bezeichnen viele Wissenschaftler das Lachen auch als soziales Schmiermittel oder als Klebstoff.


Lach-Yoga im Lachclub

1995 gründete der indische Arzt Dr. Mandan Kataria zusammen mit vier Gleichgesinnten den ersten Lachclub in Bombay. Er entwickelte eine Yoga-Lach-Technik als Therapie. Hinzu gekommen sind bis heute 150 Lachclubs im Ausland, unter anderem in den USA, Australien, Schweden, Italien, Japan und Singapur. Da gibt es tatsächlich Menschen, die sich regelmäßig treffen, um miteinander schallend zu lachen. Für Außenstehende wirken sie wie ein Haufen von Vollidioten. Was treibt die Menschen in den Lachclubs zu solch einem lachhaften Verhalten? In den Lachclubs werden gesundheitsfördernde Übungen praktiziert. Und diese Übungen rufen eine überschäumend gute Laune hervor. Neben gesunder Ernährung, Sport und Bewegung ist auch das in seiner positiven Wirkung oft unterschätzte Lachen ein weiterer Mosaikstein im Gesamtbild eines gesunden Menschen. Niemand würde ernsthaft in Zweifel ziehen wollen, dass Lachen die Stimmung anhebt und damit das Wohlbefinden steigert. Man muss weder eine ständig gackernde Stimmungskanone noch ein grölender Karnevals- oder Faschings-Narr sein und auch ein ausgeprägt abgedrehter Humor à la Monty Python ist keine Voraussetzung. Wie bei vielen anderen wichtigen Situationen im Leben genügt eine kleine Portion Mut, um den ersten Schritt zu wagen und sich auf eine ungewohnte Situation einzulassen. Beim Lach-Yoga werden keine Witze erzählt, es läuft auch kein lustiger Film. Stattdessen wird ein ganz simples Prinzip umgesetzt: Lachen ohne Grund! Mit Hilfe von speziellen Lach-Übungen und Lach-Spielen wird anfangs gekünstelt gelacht. Die Teilnehmer/innen lachen also zunächst gewissermaßen erzwungen, obwohl es gar nichts zu lachen gibt. Doch dann kommt das Gesetz der Gruppendynamik ins Spiel. Ob einen nun die besonders abgefahrene Lache eines Mitlachers amüsiert oder die absurde Situation, gemeinsam mit anderen grundlos zu lachen, sehr bald wird man bei sich selber feststellen, dass aus dem gekünstelten oder erschwindelten Lachen ein echtes Lachen geworden ist. Denn: Nichts ist ansteckender als Lachen! Der entsprechende Leitspruch dazu lautet: Fake it till you make it! In die deutsche Sprache übertragen hieße das: Erschwindele es, bis es echt ist! Übrigens merkt der Körper nicht, ob das Lachen echt ist oder erschwindelt. Die positiven Effekte des Lachens sind für den Körper so oder so identisch.
Wer bei einem solchen Treffen mitlacht, tut etwas für seine Gesundheit: Einmal wird durch das Lachen die Sauerstoffversorgung verbessert. Zweitens wird das allgegenwärtige Bewusstsein in den Hintergrund geschoben - man denkt beim Lachen nicht mehr an Sorgen und Nöte. Lachen im Lachklub - Gesundheitsförderung ohne eingetragene Mitgliedschaft und kostenfrei. Wer Lust hat, geht hin und lacht einfach mit.


Die Medi-Clowns

Der amerikanische Arzt Patch Adams entdeckte 1971, dass Patienten schneller genesen, wenn sie regelmäßig lachen. Er erfand die Medi-Clowns und gründete in Arlington (Virginia) ein Institut, das keine Tabus im Umgang mit Tod und Krankheit kennt. Todkranken tritt er als Engel gegenüber, ein Mädchen mit einem sichtbaren Tumor im Gesicht konfrontierte er mit einer Tumor-Attrappe.
Auch hier in Deutschland gibt es zahlreiche Klinik-Clowns. Im normalen Leben arbeiten sie als Krankenschwester, Tänzer, Maschinenbauerin oder Lehrer. In Zusammenarbeit mit professionellen Künstlern haben sie sich die Fähigkeit zum Clownsspiel erarbeitet und wollen mit Späßen und Spielen die kranken Kinder vom Alltag in der Klinik ablenken. Dabei haben sie kein festes Programm, sondern versuchen auf die Kinder einzugehen. Manche brauchen mehr einen kleinen sensiblen Clown, andere wollen sich dagegen austoben. Das Thema Krankheit ist dabei tabu. Nur wenn die kleinen Patienten es selbst vortragen, gehen die Clowns auch darauf ein. Die gute Laune, die die Clowns verbreiten, hilft den Kindern beim Kampf gegen die Krankheit.


Klinikclowns in der Altenpflege

Klinikclowns halten auch regelmäßige Visiten in Seniorenheimen ab. Dabei besuchen die Clowns überwiegend bettlägerige Senioren in ihren Zimmern, musizieren, singen und spielen mit Handpuppen. Die alten Menschen blühen dann regelrecht auf oder nehmen auch schon mal die Clowns kritisch unter die Lupe, je nach Temperament und Ansprechbarkeit. Die Clownsvisite ist für viele Heimbewohner eine willkommene Abwechslung, oft auch die einzige am Tag. Es zeigte sich, dass Demenzkranke, die sonst kaum noch soziale Beziehungen eingingen, im Kontakt mit den Clowns neue Kraft zur Kommunikation schöpfen. Sie wurden wacher, zeigten Neugierde, Erstaunen und Freude - der soziale Rückzug war für einige Zeit unterbrochen.