www.swr.de/wiesoweshalbwarum, 18.12.2003
Universale Sprache Lachen
Wir ziehen die Mundwinkel nach oben, grinsen, kichern oder lachen. Und das gerne und viel. Im Schnitt lacht der Mensch etwa 15 mal am Tag. Doch was ganz locker, leicht und unbeschwert aussieht, ist für den Körper richtig schwere Arbeit: Fast 300 verschiedene Muskeln werden für das Lachen angespannt, und die Luft entweicht mit 100 Kilometern pro Stunde aus der Lunge.

Autorin: Nadia Salem
Einem herzhaften Lachen können wir kaum widerstehen. Warum das so ist, erklärt der Psychologe und Lachforscher Michael Titze so: »Lachen ist deswegen ansteckend, weil es ein Reflex ist, der eine Bezugsgruppe kommunikativ miteinander verbindet. Und in einer Zeit, in der sich die Menschen noch nicht verständigen konnten, war das Lachen ein ganz grundlegendes Ausdrucksmittel, das einen Zustand von Wohlbefinden, von Freude, von Kompetenz signalisiert.«
Bevor der Mensch die Sprache entwickelte, war die Mimik das einzige Mittel zur Kommunikation. Noch heute können wir gut aus Gesichtern lesen und wissen, wie sich unser Gegenüber fühlt, ohne dass er oder sie es sagen muss. Auch der Ausdruck des Lachens sieht bei allen Menschen gleich aus. Was so universell verstanden wird, muss stammesgeschichtlich schon sehr alt sein. Wo aber liegen die Ursprünge des Lachens? Ist es eine Eigenschaft, zu der nur wir Menschen in der Lage sind? Der Humanbiologe Professor Carsten Niemitz sagt, dass auch Menschenaffen lachen, und dass Grinsen oder Lächeln bis hinunter zu den Halbaffen beobachtet werden könne.


Lachen entschärft Konflikte

Lachen dient der Beschwichtigung und der Unterordnung - beim Affen wie beim Menschen. Das ist auch einer der Gründe, warum Frauen öfter lachen als Männer: Mit Hilfe des Lachens konnten sie zu Urzeiten drohende Konflikte in ihrer Gruppe entschärfen, und so die Überlebenschancen der eigenen Sippe erhöhen. Aber der Zweck des Lachens erschöpft sich nicht nur im Besänftigen: Lachen dient auch der reinen Unterhaltung - auch hier unterscheiden wir uns nicht wesentlich von unseren nächsten Verwandten.
Mit ihnen gemeinsam haben wir auch ein Mittel, andere zum Lachen zu bringen: das Kitzeln. »Natürlich kitzeln sich Menschenaffen. Und bei den Kindern und Jugendlichen, also den infantilen und juvenilen Affen sozusagen, gibt es ganz klare Gesten, von denen die Sozialpartner alle wissen: Das ist die Geste die heißt »komm kitzeln«, so Carsten Niemitz.


Warum müssen wir lachen, wenn wir gekitzelt werden?

Dass wir lachen müssen, wenn wir gekitzelt werden, ist eine körperliche Reaktion, gegen die wir uns praktisch nicht wehren können. Warum das so ist, ist bis heute noch eine ungelöste Frage. Experten vermuten jedoch, dass es mit Erfahrungen aus unserer Babyzeit zu tun hat: »Das Kitzeln des Babys ist eine sehr intensive Kontaktherstellung. Und ein Baby, das von seiner Mutter, seiner Bezugsperson, gekitzelt wird, weiß, dass ihm etwas Gutes angetan wird«, erläutert Michael Titze.
Lachen hat viele Ursachen. Doch bei uns Menschen ist es, anders als beim Affen, nicht nur positiv gemeint. Denn nur wir sind in der Lage laut zu lachen. »Dass wir laut lachen«, so Carsten Niemitz, »heißt natürlich auch, dass wir andere ausgrenzen können. Das heißt die, die das Lachen hören aber nicht sehen, können entweder dazukommen und sagen: das möchte ich auch, wie heißt denn der Witz, oder sie sind misstrauisch und wissen: in diese Gesellschaft gehören sie jetzt nicht hinein, und sie dürfen wahrscheinlich nicht mitlachen. Das heißt, Auslachen ist eine menschliche Neuerwerbung.«


Was macht einen gelungenen Witz eigentlich aus?

Auch eine andere Neuerwerbung ist typisch für den Menschen: Der Witz. Unsere komplexe Sprache hat ihn erst möglich gemacht, aber was genau macht einen gelungenen Witz eigentlich aus? Lachforscher sagen, dass wir dann über Witze lachen, wenn wir plötzlich aus der Logik der Erwachsenen aussteigen, wenn etwas Unerwartetes passiert.
Wenn wir über einen Witz lachen, ist in unserem Gehirn folgendes passiert: Der Witz gelangt zunächst über die Ohren in die Sprachareale und wird dort analysiert. Seine eigene Logik löst widerstrebende Emotionen aus, was vom rechten Stirnhirn registriert wird. Das übernimmt nun das Kommando und stimuliert eine andere Gehirnregion, das so genannte supplementär motorische Areal. Hier ist sozusagen der Bewegungsablauf des Lachens gespeichert: Einmal aktiviert ist das Lachen nicht mehr aufzuhalten.
Warum das Gehirn bestimmte Wortspiele lustig findet, kann auch heute noch kein Wissenschaftler schlüssig beantworten. Genauso wenig wie die Frage, warum manche Menschen Sinn für Humor haben und andere nicht.