SF2 (Schweizer Fernsehen) - Sachen zum Lachen, 09.05.1998
Sachen zum Lachen (gekürzt)
Lachen tut gut und entspannt, das streitet wohl keiner ab. Lachwissenschaftler, so genannte Gelotologen, gehen sogar noch weiter. Sie sagen, dass Lachen sogar heilen kann.
Lachen ist gut für die Gesundheit, das hat auch das Spitalpersonal herausgefunden. So sorgen in mehreren Schweizer Spitälern Clowns dafür, das kranke Kinder zur Abwechslung mal was zum Lachen haben. Einer dieser Glücklichmacher ist Dr. Distinov. Jeden Donnerstag geht Dr. Distinov im Basler Kinderspital auf Lachtour. Gerade im Spitalbett sollen die Kinder etwas Spaß haben.
Dr. Distinov: »Ich persönlich habe es lieber, wenn es den Leuten gut geht, und ich habe daran Freude, anderen eine Freude zu machen. Probiere individuell auf die Kinder einzugehen. So frage ich Langzeitpatienten, was sie machen wollen. Denen die länger bleiben, bringe ich auch Dinge bei wie Zaubern oder Jonglieren oder Ballonmodellieren.«

Dr. Rudin, Pädiater: »Ich finde es ganz toll, dass wir heute diesen Spitalclown haben.
Ich war ein paar Mal dabei, als er zu den Kindern gegangen ist. Viele Kinder freuen sich drauf, und wir haben auch einige, die extra ihre Termine so legen, dass sie den Clown treffen können. So denke ich, dass er ein Gewinn für das Spital ist.«

Sr. Eveline Breitenmoser, Onkologie: »Da wir eine Weile lang keinen Clown hatten, merke ich schon den Unterschied. Er bringt zusätzlich Fröhlichkeit ins Spital, die bei uns ab und zu fehlt.«

Dr. Distinov: »Ich wollte alles unter einen Hut bringen, von der Musik bis hin zum Jonglieren, und das ist in der Rolle des Clowns am einfachsten. Als Clown kann man schon aus sich herauswachsen und Dinge tun, die ein normaler Mensch nicht tun kann, weil sie einem niemand mehr abkauft.«

Sprecher: »Lange haben wir nach ihnen gesucht und sie endlich entdeckt, die außergewöhnliche Gattung der Lachforscher. Die lachenden Wissenschaftler sind kaum zu überhören. Was aber sind nun die zentralen Erkenntnisse ihrer langjährigen Lachforschung?«

Dr. Titze: »Warum haben Fische Schuppen? Na wo sollen sie sonst ihre Fahrräder unterstellen! Das ist natürlich Nonsens, aber es bringt uns auch zum Nachdenken. Es zeigt uns, dass in diesem Augenblick der Zwang der Logik durchbrochen wird. Es kommt zu einer Ausweitung, einer Expansion der kreativen Möglichkeiten.«

Sprecher: »Mit Nonsens soll der Patient therapiert werden?«

Dr. Titze: »Um eine psychotherapeutische Situation überhaupt erfolgreich werden zu lassen, bedarf es des Mutes zur Lächerlichkeit seitens des Arztes. Der Arzt muss in der Lage sein, den Patienten nicht nur vorzusagen, sondern auch vorzuspielen, was heißt, diesen Mut zu besitzen. Dass ist gerade für Patienten wichtig, die sich durchgehend so komisch, so lächerlich fühlen, dass sie im Prinzip die Identität eines unfreiwilligen Clowns besitzen.«

Sprecher: »Aha, der Patient soll lernen, über sich selbst zu lachen, doch wie soll das gehen?«

Peter Hain: »Wenn eine Beziehung gut ist, dann kann es sein, das mir auch assoziativ auch Geschichten, humorvolle Geschichten, Witze oder Anekdoten einfallen und ich mir dann überlege, ob das jetzt der richtige Zeitpunkt ist, zum Beispiel so eine Geschichte anzubieten. Vielleicht eine Geschichte, die genau die Situation des Klienten ein klein wenig karikiert. Das kann man auf eine liebevolle Art machen, indem man einfach diese Geschichte anbietet und gemeinsam darüber lacht und über diese Befreiung dann auch merkt, wo da der Bezug ist zum eigenen Verhalten.«

Sprecher: »Dieses Lachen soll Depressionen therapieren und Stress abbauen?«

Dr. Salameh: »Humor wurde schon mit Joggen verglichen. Wenn eine Person so richtig aus dem Bauch heraus lacht, gleicht das einem Fitnesstraining. Das Herz schlägt schneller, das Blut fließt schneller durch die Venen und das Gesicht rötet sich. Diese physische Übung bewegt das Endorphine, ein natürliches Körperprodukt, in den Kreislauf geraten und diese Endorphine lösen in uns ein Glücksgefühl aus.«

Sprecher: »Wenn lachen so gesund ist, warum lachen wir dann nicht öfter?«

Dr. Titze: »Erich Kästner hat gesagt: 'Viele Menschen legen ihre Kindheit wie einen alten Hut ab und wenn sie erwachsen sind, dann denken sie, sie sind nur Erwachsene. Aber Mensch sein heißt, Erwachsener und Kind sein.'«

Sprecher: »Und Kinder lachen ganz natürlich?«

Dr. Ruch: »Das brauchen wir nicht lernen, Lachen ist angeboren. Dafür gibt es genügend Belege. So zum Beispiel Kinder, die taubstumm geboren werden, auch keine Möglichkeit haben, Lachen bei anderen zu ertasten oder Contergan geschädigte Kinder würden genauso lachen. Lachen ist sicherlich bei der Geburt schon möglich. Was wir vielleicht lernen sind zum Beispiel bestimmte Auslöser, dass bestimmte Dinge uns heiter stimmen und vielleicht verlernen wir auch zu lachen. Wenn wir in die Schule kommen, in die Kirche kommen, also überall dort, wo es ernst zugeht, bekommen wir erzählt, da sollte man ernst sein und nicht lachen.«

Dr. Titze: »'Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder ...' Ich denke, es könnte möglicherweise auch zu einer Anregung führen sich zu besinnen, ob der naive kindliche Glaube nicht wieder seinen Platz im Leben des Erwachsenen finden sollte. Zum kindlichen Glauben gehört eben auch die Fröhlichkeit, die Lebensfreude.«

Moderatorin: »Recht hat er. Die Fähigkeit zu lachen sei angeboren, sagen die Lachwissenschaftler, doch viele Menschen verlernen das Lachen all zu früh. Viele, aber nicht alle. Manchen steckt der Humor so tief in den Gliedern, dass er zum Beruf wird. So gehören die Kabarettisten Franz Hohler und Hans Dieter Hüsch seit Jahren zu den Profis unter den Spaßmachern. Beide haben das ausgelassene Lachen eines Kindes nicht verlernt, aber aufgepasst: Beide pfeffern ihren Humor mit einer ordentlichen Prise schonungsloser Wahrheit.«

Sprecher: »Franz Hohler, bekannter Kabarettist und Schweizer der komischen Art. Mit seiner Satire 'Schweizer sein' nimmt er das Schweizer Publikum gründlich auf die Schippe.«

Halt, wer da? Tourist, aha.
Sie gehen also wieder, so ist es uns schon lieber,
bei Niederlassung verlieren wir die Fassung,
gemeinsame Zölle, das wär für uns die Hölle,
wir sind nun einmal reicher als die Österreicher,
dieselben Paragraphen wie Italien oder Flandern,
dann wären wir ja plötzlich genauso wie die Andern.


Hohler: »Ich lache gern, im Freundeskreis über Geschichten die erzählt werden, Geschichten aus dem Leben. Ich lache auch gern mit Kindern zusammen, denn Kinder lachen ja wahnsinnig gern. Bei ihnen merkt man, dass Lachen ein wirkliches Bedürfnis ist oder zu den Grundbedürfnissen gehört beim Menschen, wie Essen und Trinken.«

Und könnten nicht mehr Schweizer sein, ganz allein,
gut gefahren, seit 700 Jahren,
als die freundlichen, fleißigen Opas Europas


»Ich lache kaum über rassistischen Humor, außer man erwischt mich. Es gibt rassistische Witze, die überraschend gut sind, als Witz. Dann merkt man, jetzt hat es mich erwischt, jetzt habe ich gelacht, über das ich eigentlich nicht lachen wollte. Das sind immer interessante Momente, wenn man merkt, dass man über etwas gelacht hat, über das man eigentlich nicht lachen wollte.«

Halt - woher? Ein Aus-län-der
Sie wollen also bleiben und Anträge schreiben,
und wenn sie hier mal sind, dann kommen Frau und Kind
in bunt bedruckten Hemden, um uns zu überfremden.


»Humor ist in erster Linie eine Haltung und zwar ist es die Haltung, bei der man einen Schritt zurück macht. Einen Schritt, bei dem man eine kleine Distanz nimmt, ein Schritt zurück von der Realität und kann aus der Distanz auf die Realität schauen. Nimmt die Realität ein klein wenig anders wahr, als wenn man nicht dazugehören wollte, nimmt sie nicht ganz ernst. Es stellt auch infrage. Das ist eigentlich die Grundhaltung vom Humor - Distanz.«

Warum gehen sie nicht nach Schweden,
dort nehmen sie doch jeden.
Sie lieben unsre Berge nicht und auch nicht unsre Seen
Die haben's doch allein auf unser Geld abgesehn.


»Lachen ist ein anderer Zustand des Menschen, es ist ein unintelektueller Zustand und ich kann mir vorstellen, dass man in diesem Zustand Sachen hinnimmt, Inhalte hinnimmt, die man sonst eigentlich gar nie hinnehmen würde, wenn man sie geschrieben sieht oder in einem Zeitungsartikel.«

Halt - wohin? Was haben wir im Sinn?
Wir wollen Gurken setzen, nach eigenen Gesetzen,
denn unsre Suppenschüssel steht hier und nicht in Brüssel
und unsre Teller spülen die Türken und Tamilen
und klar braucht ein Spital auch etwas fremdes Personal
aber ja nicht dieser freie Verkehr von Personen
sonst kämen die ja alle, nur um bei uns zu holen
.

»Das ist, so glaube ich, die Falle des Humors. Er nimmt einen dahin mit, wo man eigentlich nicht hin möchte. Wo man dann sagt: 'Das ist ja eine schlimme Sache, das ist ja eine grausige Sache.' Jawohl, so geht's im Leben, so ist das Leben und das stelle ich dar. Und zwar stelle ich das dar, weil ich vor dem Leben Respekt und Ehrfurcht habe und weil ich mich gegen jede Verletzung vom Leben wehre.«

Wir könnten nicht mehr Schweizer sein, fast allein.
Wir trotzen der Gefahr noch mal 700 Jahr
Mit fest entschlossenem Schritt,
solange bis Europa der Schweiz beitritt.


Sprecher: »Seit über einem halben Jahrhundert unterhält und provoziert er sein Publikum. Einst galt Hans Dieter Hüsch als Bürgerschreck. Er selbst sieht sich eher als Komiker, literarischer Entertainer oder ganz einfach als ein Kabarettist.«

Hüsch: »Kabarett macht man seit Adam und Eva, bewusst oder unbewusst. So lange es Menschen auf dieser Erde gibt, vor allen Dingen Männer und Frauen, Kinder selbstverständlich auch. Solange wir also eine menschliche Gesellschaft erleben, kann man auch Kabarett machen. Da gibt es X Geschichten, kleine und große Geschichten, tolle Geschichten, traurige Geschichten etc. Es gibt Verlierer und Gewinner, Kleine und Grosse, Dicke und Dünne etc. Es gibt immer wieder Geschichten die man erleben kann.«

Sprecher: »Seine Geschichten sind frech und spritzig, eine Prise Spott gehört dazu, bitterer Hohn jedoch nicht.«

Hüsch: »Das machen wir alle, dass uns manchmal etwas herausrutscht, was wir eigentlich gar nicht so böse meinen. Aber ich meine auch, es ist viel wichtiger und letzten Endes auch viel wertvoller, wenn man übt, richtig übt, über sich selbst zu lachen. Ich finde, Humor ist eine Sache der Contenance, der Haltung und ich will mal eine ganz böse Geschichte erzählen, wo ich auch sage, das ist eigentlich ungeheurer Humor: Im Zuge der französischen Revolution 1789 wurde eine Comtesse auf einem Guillotine-Wagen, zusammen mit anderen zum Hinrichtungsplatz geführt. Sie fragte dann an den Stufen des Gerüstes der Guillotine ihre Zofe, verabschiedete sich von ihr und sagte dann: 'Was geb ich denn den Herren, ich mache das zum ersten Mal.' Wissen Sie, das ist für mich ungeheuer!«

Sprecher: »Im Angesicht des Todes noch lachen können, das ist für Hans Dieter Hüsch erstrebenswert.«

Hüsch: »Das hat etwas wirklich mit Humor zu tun, das hat etwas auch zu tun mit einer, wie soll ich sagen, Distanz zur Geschichte, zur Welt überhaupt. Das ist dann schon ein anderes Reich, von dem auch manchmal, der Zusammenhang ist jetzt sehr sprunghaft, aber ich wage ihn trotzdem, von dem auch manchmal Jesus Christus spricht. Dass sein Reich nicht von dieser Welt ist, die im Grossen und Ganzen ja doch recht humorlos verläuft, das möchte ich doch anmerken dürfen, mit Verlaub.«

Sprecher: »Humor gehört zu einem Reich, das nicht von dieser Welt ist, sagt Hüsch und doch will er der Welt mit seinem Humor konkrete Werte hinterlassen.«

Hüsch: »Ein Quäntchen Menschlichkeit, Freundlichkeit. Ein Quäntchen Geduld, Nachsicht oder wenn ich es mit der Bibel ausdrücken darf, Kor. 1, 13: 'Und wenn ihr mit Engelszungen redetet und hättet der Liebe nicht ...', dann wäre das alles Blödsinn, dann könnt ihr gleich aufhören. Und nach wie vor die alten demokratischen Tugenden mit dem schönen Brecht Satz: 'Wollt nicht in Zorn verfallen, denn alle Kreatur braucht Hilf von allen.' Mein Sinn ist es, dass ich meine Lieben, wenn ich eines Tages nicht mehr bin, dort oben wieder sehe. Das Wiedersehen der Menschen, die ich geliebt habe, die mich geliebt haben, die mir begegnet sind, denen ich begegnet bin, die wieder zu sehen, das ist für mich der Sinn. Sonst ist es ja momentan auf unserer Erde ein großes Jammertal. Aber das ist es wahrscheinlich immer gewesen. Da kommen wir wieder auf den Humor zurück, das mit Heiterkeit zu ertragen, mit Leichtigkeit, das ist eine Frage: Wie bekommen wir es hin, trotz allem was um uns herum ist, leichtfüßig zu bleiben, an Gedanken und auch für die Seele, verspielt, artistisch durchs Leben zu gehen.«