ORF - Oe 1, Radiokolleg, Sendung vom 05.01.2009
Wer lacht, lebt gesünder
Von Madeleine Amberger
Lachen entspannt, reduziert Stress und regt das Immunsystem an. Lachen ist auch Hochleistungssport. Man muss zehn Minuten rudern, um die gleiche Herzfrequenz wie nach einem einminütigen Lachanfall zu erzielen. Die Atmung ist beschleunigt, die Lunge nimmt vier Mal so viel Sauerstoff auf wie gewöhnlich.
Es ist also nicht verwunderlich, dass Lachen therapeutisch genützt wird. Die in den USA entwickelte Idee der Cliniclowns, Clowns, die Heiterkeit in Spitäler bringen, hat auch hierzulande schon längst Fuß gefasst.
Doch Lachforscher beschäftigen sich nicht nur mit der heilenden Wirkung des Lachens, sondern auch mit seinen Ursprüngen. Sie haben etwa herausgefunden, dass das Lachen nicht allein dem Menschen vorbehalten ist. Auch alle Menschenaffen lachen.
Nach dem Lachen, seiner Wirkung, seinem Nutzen, seinem Ursprung im Hinblick auf höhere Sphären behauptet mancher, auch in Europa: Der Mensch denkt und Gott lenkt. Der Mensch macht Pläne, damit Gott etwas zu lachen hat. Andererseits gilt das Lachen hienieden als etwas zutiefst menschliches. Menschlich im Sinne irdischer Fehlbarkeit und genauso im Sinn gesteigerter Humanität.
Unser Lachen kann einen peinlichen Irrtum und die Häme darüber hervorheben. Lachen kann glücklicherweise - oder Gott sei Dank - auch die Fähigkeit betonen, voller Humor hinweg zu sehen, über dieses und jenes, bei sich selbst und bei anderen. Überhaupt entspannt und zuversichtlich in die Welt zu blicken. Wer gerne über das eigene Leben lächelt, hat die besten Voraussetzungen, auch den Mitmenschen mit Toleranz und Heiterkeit zu begegnen. Freilich kann statt über etwas oder jemanden oder aber mit oder bei jemandem auch für jemand gelacht werden und das dürfte dann an ganz bestimmten Machtverhältnissen liegen.

Mit führenden Lachforschern aus Europa und den USA hat für das Radiokolleg sich Madeleine Amberger unterhalten: über die Psychologie und Soziologie des Lachens, über Natur und Naturgeschichtliches.
Zur Eröffnung rücken gesellschaftliche Zusammenhänge in den Vordergrund, dann werden vermehrt biologische und medizinische Aspekte hinzukommen.

Amberger: Jeder hat es schon einmal erlebt, man sitzt gut gelaunt in einer Gruppe von Freunden zusammen. Einer beginnt zu lachen, andere stimmen ein und keiner weiß, wie es passiert, aber man kann gar nicht mehr zu lachen aufhören.
Als Laie verbindet man mit dem Lachen vor allem Heiterkeit, doch für Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen ist lachen eine ernste und vielschichtige Angelegenheit. Es wird analysiert, interpretiert und sogar gemessen. Hier die nüchterne Betrachtungsweise des Lachens von Robert Provine, Neurowissenschaftler an der Universität von Maryland und einer der führenden Lachforscher der USA.

Provine: Lachen ist eine typisch menschliche Vokalisierung in einer Serie von kurzen Lauten, die etwa 1/15 einer Sekunde dauern und im Abstand von 1/5 Sekunde erfolgen. Das ist die Grundstruktur: kurze Laute, die wiederholt werden. Es ist schwieriger, als etwa mit noch kürzeren Lauten zu lachen. Auch lange Intervalle klingen merkwürdig. Da wir nur auf diese eine Weise lachen können, nennt man Lachen ein stereotypes Verhalten.
Das bedeutet nicht, dass es innerhalb der Grundstruktur nicht sehr viel Variabilitäten geben kann. Lachen ist wie ein Thema mit vielen Variationen. Manche Menschen lachen mit höherer, andere mit tieferer Stimme, doch alledem muss eine Grundstruktur unterliegen.
Sonst wüssten wir nicht, was jemand, der lacht, eigentlich tut.

Amberger: Die Wissenschaft von psychischen und physischen Auswirkungen des Lachens nennt sich Gelotologie. Der Begriff ist vom griechischen Wort gelos abgeleitet, das Lachen bedeutet. Die moderne Wissenschaft befasst sich mit dem Lachen erst seit etwas mehr als 100 Jahren. Eine der ersten Studien erschien 1897 über den Zusammenhang von Kitzeln und Lachen.
Im 20. Jahrhundert stellte William F. Fry, einer der Pioniere der Gelotologie, im Selbstversuch fest, das Lachen fast an Sport grenzt. Der amerikanische Psychologe fand heraus, dass er 10 Minuten kräftig rudern musste, um die selbe Herzfrequenz wie nach einer Minute lachen zu erreichen. Bei besonders herzlichem Gelächter kann der Puls auf 120 Schläge/Minute ansteigen, was im aerobischen Bereich liegt.
Nicht nur solche Erkenntnisse bestätigen das Sprichwort, Lachen sei gesund.
Dank William Fry weiß man darüber sehr viel mehr, meint der Psychotherapeut und Lachforscher Michael Titze.

Titze: Die Gelotologen haben festgestellt, dass es zu einem Abbau von Stresshormonen, also Kortikoiden und Catecholaminen kommt, und später haben die Schüler von Fry, z.Bsp. Lee Berk von der Loma Linda University auch in kontrollierten Untersuchungen nachweisen können, dass z.Bsp. die Zahl der T-Lymphozyten steigt. So ist es für die Immunabwehr sehr wichtig, dass vielleicht auch die Aktivität und Anzahl der natürlichen Killerzellen um ein Vielfaches erhöht wird und dass es zu einer Vermehrung von Antikörpern der Immunglobulin A-Klasse kommt und auch, dass das viel zitierte Gamma-Interferon im Blut von Menschen, die längere Zeit gelacht haben, in einer vermehrten Weise nachweisbar ist.

Amberger: Auch das allseits Phänomen, dass Lachen ansteckend wirkt, ist entschlüsselt.
Ilona Papouschek, biologische Psychologin an der Universität Graz erklärt das Prinzip.

Papouschek: Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass durch die Beobachtung eines lachenden Menschen dieselben Gehirnbereiche aktiviert werden, die auch dann aktiv sind, wenn man selbst lacht. Das hat jetzt zur Folge, dass die Beobachtung eines lachenden Menschen die Gehirnregion voraktiviert, die aktiv ist wenn man selber lacht, und dadurch erleichtert es das eigene Lachen. Den gleichen Effekt gibt es auch bei Gähnen, oder aber auch gibt es z.B. eine Studie, in der dieser Effekt beobachtet worden ist, wenn man jemand beobachtet, der gerade Schmerzen empfindet. Auch dann wird die Gehirnregion bei einem selber schon voraktiviert, die auch dann aktiv wird, wenn man selbst Schmerzen empfindet

Amberger: Darauf, das Lachen ansteckend wirkt, beruht etwa die Methode von Lachyoga.
Hirnforscher, Mediziner, Humanbiologen, Kulturforscher und Psychologen interessieren sich alle fürs Lachen. Aus den verschiedenen Disziplinen ergeben sich zwangsläufig viele verschiedene Fragestellungen. Es ist also kein Wunder, dass der Begriff »Lachforschung« zu einer Sammelkiste geworden ist. Ilona Papouschek bringt ein wenig Ordnung in das begriffliche Chaos.

Papouschek: Wenn man es ein bisschen wissenschaftlich betrachtet, sollte man sorgfältig zwischen verschiedenen Aspekten unterscheiden, die sehr oft in einen Topf geworfen, die sehr oft miteinander verwechselt werden, deren Wirkung sehr oft miteinander verwechselt wird: Das ist auf der einen Seite die Tätigkeit des Lachens selbst für sich genommen. Humor im Sinne von etwas komisch, es witzig finden oder jemand ist ein humorvoller Mensch, würde auch noch zum Humor gehören und dann noch die Erheiterung und Heiterkeit. Wobei man da wiederum unterscheiden sollte zwischen kurzfristiger Erheiterung, als kurzfristige Stimmung und Heiterkeit als Persönlichkeitsdisposition, als dauerhafte Eigenschaft eines Menschen. Zu all diesen Aspekten kann man jetzt auch Forschung betreiben.

Amberger: In der Philosophie reicht die Auseinandersetzung mit dem Lachen und dem Lächerlichen sehr viel länger, nämlich gut 2000 Jahre, zurück. Platon, Aristoteles und auch spätere Denker waren dem Lachen gegenüber sehr skeptisch eingestellt. Da Lachen sich nicht kontrollieren lässt, haftet ihm seit jeher etwas Anarchistisches an. Umberto Ecco beschrieb diese Angst vor dem Chaos, das Lachen anrichten könnte in seinem Roman »Der Name der Rose«. Ein Mönch will um jeden Preis verhindern, dass das einzige Exemplar der verlorenen Schrift von Aristoteles über die Komödie der Öffentlichkeit bekannt wird: Lachen tötet die Furcht und ohne Furcht kann es keinen Glauben geben. Wer keine Furcht mehr vor dem Teufel hat, braucht keinen Gott mehr und dann können wir auch über Gott lachen.

Amberger: Wenn vom Lachen und seinem Nutzen die Rede ist, dann steht immer das Positive im Vordergrund. Lachen wird primär als Ausdruck guter Laune ohne Hintergedanken oder unlautere Motive dargestellt. Doch die Autoren der Antike setzten sich in ihren Schriften auch mit etwas auseinander, das aus heutiger Sicht negativ behaftet ist, nämlich dem Lächerlichen. Michael Titze rehabilitiert diesen Ansatz.

Titze: Dargestellt durch Schauspieler (wie Aristoteles das formuliert hat) bekommt man in der Komödie vorgeführt, dass es Individuen gibt, eben die Darsteller des komischen Menschen, die sehr viel schlechter dran sind als die Zuschauer. In diesem Augenblick kann ein Gefühl von angstvoller Überlegenheit belebt werden, das vielleicht viel weniger mit Sadismus zu tun hat, als einem Gefühl von Dankbarkeit, das nichts anderes besagt, als dass ich jetzt, in diesem Augenblick, eigentlich in einer besseren Position bin, als ich vielleicht gemeinhin denke. Von Schauspielern vorgeführt zu bekommen, wie sich Krüppel, wie Betrunkene verhalten, wie sich Menschen verhalten, die gestammelt haben und sich kaum verständigen konnten macht dem Zuschauer in diesem Augenblick bewusst: ich bin eigentlich, so wie ich bin, gar nicht so schlecht.

Amberger: Depressionen können dadurch entstehen, dass jemand sich als unzulänglich und ungenügend vorkommt. Dass das Lächerliche für solche Fälle auch in der Psychotherapie auch seinen Platz hat, lernt Michael Titze von Viktor Frankl.

Titze: Er hat gesagt, wenn Psychotherapie gelingen soll, dann darf sich der Arzt, Frankl war ja Mediziner, nicht genieren, dem Patienten nicht nur verbal zu erklären, vorzusagen, was es heißt, den Mut zur Lächerlichkeit zu haben, sondern er darf sich nicht genieren seinem Patienten vorzuleben, was das bedeutet. Das war natürlich schon sehr paradox, anders kann man es nicht sagen, vom großen Viktor Frankl zu hören, dass der Therapeut sehr viel aktiver sein muss und etwas auf sich nehmen muss, was eigentlich das Problem des Patienten ist, nämlich seine Unvollkommenheit, die dann letztendlich auch von der Umgebung als Lächerlichkeit erlebt wird.

Amberger: Doch mindestens so faszinierend wie die körperlichen und seelischen Auswirkungen des Lachens, die in der Gelotologie im Vordergrund stehen, ist seine vielfältige Funktion. Um Lachen als Kommunikationssignal verstehen zu können, hat Robert Provine seine Studenten auf Feldexpedition geschickt.

Provine: Wir sind hinausgegangen, so wie Jane Goodall es tun würde, wenn sie Schimpansen im Gombe-Nationalpark beobachtet. Wir sind also mit einem Notizbuch in der Hand unter Leute gegangen und haben ihnen beim Lachen zugeschaut.
Wenn man sich ansieht, was Leute unmittelbar vor dem Lachen sagen, dann hat das üblicherweise nichts mit einem Witz zu tun. Vielmehr hört man ganz banale Dinge, wie dass man jetzt gehen muss oder jemand ein Hemd gekauft hat oder wann die nächste Vorlesung anfängt. Hier geht es also nicht um besonders amüsantes Verhalten.
Das schöne an der Lachforschung ist ja, dass man sie jederzeit und überall betreiben kann. Ein guter Ansatz wäre: Glauben Sie nicht mir, sondern schauen Sie sich um, ob Sie aufgrund Ihrer eigenen Beobachtung finden, dass ich Recht oder Unrecht habe.

Amberger: Aus solchen Beobachtungen ergibt sich der Schluss: Lachen ist ein Kommunikationssignal, das eine ganze Reihe von Informationen zusätzlich zur Sprache mit transportieren kann. Das „Ha-ha, wo hast du das Hemd gekauft?" kann die Frage als prinzipiell wohlmeinenden Kommentar unterstreichen. Man teilt mit: „Das ist ein hübsches Hemd."
Das Lachen kann aber auch eine im Satz mitschwingende Ironie unterstreichen oder sie überhaupt erst enthüllen, wenn die Frage an sich neutral gesprochen ist. Mit einem Wort: Über das Ha-ha in der Frage: „Wo hast du das Hemd gekauft?" lässt sich eine ganze Dissertation schreiben.
Leute zu fragen, warum sie die Frage nach dem Hemd mit einem Lachen versehen haben, sei jedoch keine zielführende Strategie.

Provine: Lachen ist ein Signal und zwar eines, das wir unabsichtlich senden, weil es unbewusst aktiviert wird. Unser Leben ist voll von Lachen, aber nicht deshalb weil wir es beschließen. Es passiert einfach im passenden sozialen Umfeld. Daher ist es nicht besonders sinnvoll die Leute zu fragen, warum sie lachen, denn sie wissen es selber nicht.
Wenn man doch fragt, dann spinnen sie eine Adhoc-Analyse. Sie rationalisieren das Irrationale. Aber darauf gibt man am Besten nichts, weil sie im Grunde nicht verstehen, warum sie gelacht haben. Das ist ein Versuch des bewussten Gehirns, das Unbewusste zu begreifen.

Amberger: Witz oder Komik sind also keine Voraussetzungen für das Lachen, betont Robert Provine. Doch worauf es immer ankomme, ist die Gegenwart von anderen Menschen.

Provine: Lachen kommt in einer sozialen Situation 30-mal häufiger vor, als wenn man alleine ist. Wäre das anders, wäre das wirklich ungewöhnlich. Wenn jemand allein in seinem Zimmer sitzt und lacht, dann würde man das als sehr merkwürdig empfinden. Der Faktor von 30 ist interessant, denn in der Welt der Sozialwissenschaften ist man gewöhnt, sich mit bescheideneren Daten zufrieden zu geben. Wenn etwas also 30-mal häufiger vorkommt, ist das von großer Bedeutung.
Für sich alleine zu lachen, ist so selten, dass man sagen kann: Es ist nicht existent.
Dabei meine ich das Lachen ohne irgendeinen Einfluss von Medien. Denn wenn man fernsieht oder Radio hört, wenn man ein Buch liest oder sich etwas im Geiste ausmalt und dabei lacht, reagiert man ja genau genommen auf die Menschen im Fernsehen, im Radio oder in der eigenen Vorstellung. Wenn man alle diese Reizmöglichkeiten ausschließt, dann findet Lachen kaum mehr statt. Lachen ist also ein soziales Verhalten.

Amberger: Und diese Erkenntnis ist nirgendwo augenfälliger, als beim Flirten oder der Partnersuche.

Provine: Männer und Frauen lachen an sich gleich viel. Aber angenommen, Männer stehen beisammen und unterhalten sich, wie Männer das halt so tun und dann kommt, sagen wir Mary dazu, plötzlich werden die Männer weniger, doch die Frau wird mehr lachen. Beide, Männer als auch Frauen, lachen mehr in der Gesellschaft von Frauen.

Amberger: Das unterschiedliche Lachverhalten der Geschlechter ist jedoch kein Grund für Spannungen oder Missverständnisse, im Gegenteil.

Provine: Wenn Mary in Johns Gegenwart sehr viel lacht, dann signalisiert sie unbewusst, dass sie ihn interessant und attraktiv findet. John wiederum gefällt es, dass Mary lacht, denn Männer mögen es, wenn Frauen in ihrer Gegenwart lachen.
Wir haben dazu auch mehr als 4.000 Partnerschaftsannoncen aus allen Teilen der USA, von Küste zu Küste, analysiert: Frauen suchen häufig einen Mann mit Sinn für Humor und Männer werben mit einem Sinn für Humor. Hier besteht also eine gewisse Symmetrie.
Wenn Frauen einen Mann mit Sinn für Humor wollen, dann heißt das nicht, dass sie einen Mann suchen, der viel lacht. Denn wie viele Frauen finden einen dauerkichernden Mann attraktiv? Frauen erwarten von einem Mann mit Humor, dass er sie zum Lachen bringt. Ob er lacht, kümmert sie nicht, das ist ihnen ganz egal. Dieses Arrangement ist auch den Männern recht, denn wenn eine Frau zu allem was ein Mann sagt lacht, denkt er sich, dass alles in bester Ordnung ist.

Amberger: Taylor Stillman, Psychologe an der Universität von Florida untersuchte eine andere Funktion des Lachens, nämlich seine Bedeutung in gesellschaftlichen Hierarchien.
Dabei wurde ihm zu Beginn das typische Lachverhalten von Männern und Frauen zum Verhängnis.

Stillman: Wir mussten die ursprüngliche Version unserer Studie verwerfen, denn für beide Rollen in dem Experiment war jeweils eine Mischung von Frauen und Männern bestimmt.
Doch diese eine Neigung von Frauen, in der Gegenwart von Männern zu lachen, ist so stark ausgeprägt, dass unser Experiment unbrauchbar war. Wir haben den Versuch dann mit ausschließlich Frauen wiederholt. Damit wurden wir die statistische Verfälschung los, die dadurch entsteht, dass Lachen nun mal einen fixen Bestandteil des Paarungsverhaltens darstellt.

Amberger: Zunächst gingen die Forscher auf die Suche nach wirklich dummen Witzen. Das ist in den Zeiten des Internets kein Problem. Dutzende Seiten sind darauf spezialisiert, besonders dümmliche und einfältige Witze zu sammeln.

Stillman: Der Muffin-Witz ist nicht sehr lustig: Zwei Muffins werden gerade im Backrohr gebacken, sagt der eine Muffin zum anderen: „ Hier ist es verdammt heiß" darauf der andere: „ Heiliger Strohsack, ein sprechender Muffin".
Wir haben absichtlich einen solchen müden Witz ausgesucht, denn wir wollten herausfinden: Unter welchen Bedingungen würden Leute sogar über einen solchen Witz lachen. Wir vermuteten, dass Leute in einer Situation der Unterwürfigkeit dazu bereit wären.

Amberger: Die Situation im Labor sollte ein Vorstellungsgespräch simulieren. Die Forscher testeten zwei verschiedne Szenarien.

Stillman: Wir haben die Person, die das Vorstellungsgespräch leiten würde auf zwei verschiedene Arten beschrieben. In einem Fall haben wir den Teilnehmern erzählt, dass ihnen das finanzielle Vorteile verschaffen könnte. Das vermittelt den Teilnehmern, dass sie rangniedriger sind.
Bei einer anderen Gruppe von Testpersonen haben wir nichts vom Geld gesagt. Die Person, die das Vorstellungsgespräch führte, hat nun Witze in die Konversation einfließen lassen. Und tatsächlich: die Teilnehmer, die die Person für hierarchisch höher gestellt hielten, lachten deutlich mehr als diese, die nicht dieser Meinung waren.

Sprecherin: Lachen ist also ein Teil des Verhaltens wie man sich als Rangniedriger empfindet. Eines haben die Forscher jedoch bisher noch nicht getestet, nämlich inwiefern Ranghöhere dieses Lachen auch erwarten. Sozusagen als Signal, das ihre Position erkannt und respektiert wird. Wie richtig seine Analyse ist, bekam Taylor Stillman auf eher ungewöhnliche Art bestätigt: Als er die Experimente ausgewertet hatte, stand er kurz vor seinem Studienabschluss. Auf einer Konferenz präsentierte der Gerade-noch-Student seine Ergebnisse.

Stillman: In Parkcity, Utah gibt es jedes Jahr eine sehr illustre Konferenz. Nur wenige Studenten, die schon kurz vor ihrem Abschluss stehen, sind dort vertreten. Ich war dort und, ich war auch der einzige Student, der eine Studie präsentiert hat. Alle anderen hatten viel mehr akademisches Prestige. Ich war ganz eindeutig rangniedriger als mein Publikum. Ich begann meine Präsentation mit dem Muffin-Witz - es herrschte Totenstille. Niemand hat in sich hineingelacht oder auch nur die Miene zu einem Lächeln verzogen. Doch wenn ich meinen Studienanfängern von diesem Experiment erzähle, dann ernte ich immer ein paar Lacher.

Amberger: Das eisige Schweigen mag zwar nicht angenehm gewesen sein, doch für Taylor Stillman hatte die Reaktion der illustren Psychologie-Kollegenschaft auch einen Vorteil: Wie viele Forscher können schon behaupten, dass sie die Ergebnisse ihrer Studien schon am eigenen Leib bestätigen können?