3-SAT, Nano, 27.06.2001
Es ist so eine Sache mit der Lache
Dr. Michael Titze im Gespräch mit Dr. Petra Klapps
Sprecher: Ins Fäustchen lachen, sich einen Ast lachen, sich kringelig oder scheckig lachen, Tränen lachen, wer lacht hat meistens Humor. Es ist so eine Sache mit der Lache. Befreiend, herzhaft und mitreißend. Das tut gut und wirkt gut. Ein sicheres und verbindliches Signal.

Dr. Michael Titze: Humorvolle Menschen, die häufig lachen, haben mit Sicherheit eine größere soziale Kompetenz als griesgrämige Menschen oder solche, die immer ernst dreinschauen. Das Lachen wurde als ein soziales Schmiermittel bezeichnet. Es ist auch eine kommunikative Geste. Also: Wenn ich lache, dann schaue ich den anderen an. Ich zeige ihm durch meine Mimik, dass ich interessiert und gelöst bin, dass ich gut drauf bin - dass ich offen bin für Kommunikation.

Sprecher: Lachen als Antwort auf das Komische. Nach Meinung der Lachforscher hat es eine soziale Funktion. Es weist auf Mängel, Schwächen oder Automatismen hin und das nutzt jeder Comedian. Rund 80% der Deutschen lachen über die Späße des Mr. Bean. Comedy boomt auf allen Kanälen, haben die Deutschen Nachholbedarf?

Dr. Petra Klapps: Ich finde, gerade in unserem Land haben Menschen sehr viel Nachholbedarf an Humor und Lachen. Bei uns ist, egal ob das im Krankenhaus ist, ob dasbei der Arbeit ist, manchmal auch in der Familie, lachen gilt oftmals als unseriös.

Sprecher: In vielen Kliniken sind Clown-Docs mittlerweile ein fester Bestandteil des Teams. Auch Dr. Petra Klapps bringt Patienten zum Lachen. Sie weiß aus ihrer therapeutischen Erfahrung, das lachen Blockaden lösen kann und die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert.

Dr. Petra Klapps: Beim Lachen passieren ganz viele positive Dinge, d.h. zum einen werden über die Anspannung der Gesichtsmuskulatur zwei Nervpunkte gedrückt, die wiederum sorgen für eine körpereigene Ausschüttung der Glückshormone, der sogenannten Endorphine.
Diese sind in der Lage die Stresshormone im Blut ab zu bauen, wie Cortisol Wachstumshormon und dadurch kommt es zu einer Ankurbelung, zu einer Anregung des Immunsystems.

Sprecher: Auf dem Gebiet der Gelotologie, der Lachforschung tut sich einiges. Die vielen positiven Nebenwirkungen des Lachens sind mittlerweile Thema unzähliger Studien.
Denn der Humor als lernbare Fähigkeit und Strategie zur Problemlösung gewinnt immer mehr an Bedeutung. Die Gesichtsmimik beim Lachen ist bei jedem anders. Abhängig von Stimmungen, seelischen Erkrankungen und der persönlichen Reizschwelle nach der eine Reaktion erfolgt.
Andere Länder, andere Lachsitten. Ob nun Mr. Bean den Besuch der Königin erwartet oder Harald Schmidt mit respektlosen Gags die Lacher provoziert, die körperliche Reaktion ist gleich. Ein Grinsen oder ein herzhaftes Prusten - Humor stimuliert.
Wer mehr davon will, der organisiert sich. Lachclubs, Lachgruppen, Lachtherapie der Humorboom greift um sich. Aus Trauerklössen werden Kichererbsen, denn in der Gemeinschaft wird das Spontanlachen geübt, um das Wohlbefinden zu fördern. Eine wahrhaft komische Angelegenheit, wenn die Lachsache zum Trend wird.

Dr. Michael Titze: Erich Kästner hat schon vor vielen Jahren festgestellt, dass es zwei Möglichkeiten gibt, um zum Lachen zu gelangen: die eine ist das Kitzeln, also die physiologische Stimulation und die andere ist das Kontrasterlebnis. Das heißt, wenn ich etwas wahrnehme oder erzählt bekomme, was nicht stimmig ist, nicht zusammenpasst, dann muss ich in aller Regel lachen.

Sprecher: Komödie ist die Nachahmung einer lächerlichen Handlung und genau das reizt die Lachmuskulatur. So lange wir nicht schauspielern entzieht sich der Impuls zum Lachen unserer freien Willensentscheidung. Die Wirkung ist eine befreiende und erleichternde, ebenso wie beim Weinen.
Wie nahe lachen und weinen beieinander liegen wollte schon Charles Darwin zeigen.
Er ließ einen Schauspieler agieren, der einmal lacht und einmal weint, um die Ähnlichkeit der Muskelkontraktionen beider Gefühlsausbrüche zu zeigen.
Die ganz großen Lachmacher haben traurig in die Kamera geblickt. Chaplin hat gesagt: »Um wahrhaftig lachen zu können, muss man in der Lage sein, seinen Schmerz an zu nehmen und mit ihm zu spielen.«
Oder: »Humor ist, wenn man trotzdem lacht.«