Der Patient ist verzweifelt. »Ich bin schon bei zehn Spezialisten gewesen, keiner konnte mir helfen«, klagt er dem Arzt sein Leid. Dieser zwinkert ihm zu. »Und ich bin nun derjenige, der Ihnen endgültig den Fahrschein ins Jenseits ausstellen soll?«
Was jetzt passiert, ist entscheidend von der Körpersprache des Arztes abhängig. Verrät seine Mimik und Gestik Humor, wohlwollende Provokation, dann wird der Patient nach einem kurzen Moment der Überraschung höchstwahrscheinlich lachen - und der Arzt hat sein Ziel erreicht.
Provokativer Stil nennt sich diese Kommunikationsform, die das befreiende Lachen zum Ziel hat. Das kann man erlernen. Zum Beispiel beim Humorwochenende im Hospitalhof in Stuttgart, zu dem der Tuttlinger Psychologe und Psychotherapeut Dr. Michael Titze am morgigen Freitag und am Samstag einlädt.
Titze ist 1. Vorsitzender des Vereins HumorCare Deutschland (HCD), der die wissenschaftlich fundierte Anwendung von Humor in klinischen, psychosozialen, pädagogischen und beratenden Berufen fördert und den Humorkongreß organisiert. Ehrenvorsitzender ist der US-Psychiater Professor William Fry, der die Gelotologie, deutsch: Lachforschung, begründet hat. In Workshops und Podiumsdiskussionen beschäftigen sich Experten und Teilnehmer am Wochenende mit der Heilwirkung des Humors, dem Humor als Lebensstil, dem Scheitern nach Herzenslust, den Prinzipien der Humorentstehung und Facetten der Körpersprache.
Lachen baut Streßhormone ab, fördert die Immunabwehr, steigert den Sauerstoffgehalt im Blut und regt die Verdauung an. »Lachen ist zudem ein soziales Schmiermittel«, so Titze im Gespräch mit der »Ärzte Zeitung«. »Es verbessert die Beziehungen im Team und die kommunikativen Fähigkeiten im Umgang mit Patienten.«
Doch in den Arztpraxen ist der gezielte Einsatz von Humor immer noch die Ausnahme. Dabei wäre der Aufwand für Arzt und Helferinnen gering. »Schon die farbliche Gestaltung der Praxis wirkt Wunder«, hat Titze erfahren. Zudem könne man Poster mit Smilies aufhängen und humorvolle Bücher auslegen. »Das signalisiert den Patienten, daß es in dieser Praxis möglich ist, auf eine andere Art als die übliche miteinander zu kommunizieren«, so Titze.
Sprechstundenhilfen sollten ermutigt werden, ihre Patienten anzulächeln und Blickkontakt zu halten, rät der Tuttlinger Psychiater. Das genüge oft schon, um das Eis zu brechen. Bei langen Wartezeiten könnten als Entschädigung auch kleine Scherzartikel wie Lachgummis verteilt werden.
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