Ludwigsburger Kreiszeitung, 09.05.2012
 
Humor als Therapie - Lachen ist tatsächlich Medizin
 
Von Angelika Baumeister

Ein Kongress der Deutschen Gesellschaft für Logotherapie und Existenzanalyse an der Ludwigsburger PH befasste sich jetzt mit dem Mut zur Unvollkommenheit und Lächerlichkeit. Das Fazit: Humor ist entscheidend für die psychische Gesundheit und hilft auch gegen Schmerzen.
 
 

Wenn ihnen das Glück nicht hold ist, dann vergeht den Menschen das Lachen. Die Probleme nehmen überhand, der Alltag wird zur Qual und alles erscheint irgendwie sinnlos. Der Humor bleibt auf der Strecke, dabei hilft er bei der Bewältigung des Leides.

Der Volksmund weiß zwar längst, dass Lachen die beste Medizin ist, doch inzwischen ist der Humor auch als Heilmittel wissenschaftlich anerkannt. »Humor ist entscheidend für die psychische Gesundheit«, betonte Anna Maria Stegmaier aus Ludwigsburg, erste Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Logotherapie und Existenzanalyse (DGLE), die auch den Kongress an der Pädagogischen Hochschule organisiert hat.

Die Logotherapie wird neben der Psychoanalyse Sigmund Freuds und der Individualpsychologie Alfred Adlers als dritte Wiener Schule bezeichnet. Begründet hat sie der Wiener Facharzt und Professor für Neurologie und Psychotherapie, Viktor Emil Frankl. Sein Ansatz: Der Mensch ist existenziell auf Sinn (Logos) ausgerichtet und nicht erfülltes Sinn-Erleben führt zu psychischen Erkrankungen. Die Logotherapie unterstützt dabei Patienten, Lebenslagen sinnvoll auszufüllen oder neu zu bewerten. Im Gespräch wird die jetzige Situation analysiert, es geht darum, den Patienten zu befähigen, an seiner Situation etwas zu ändern, auf Herausforderungen des Schicksals zu reagieren und sich nicht ausgeliefert zu fühlen.

»Jeder Mensch hat die Freiheit, sich zu entscheiden«, sagte Johanna Fischer vom DGLE-Vorstand. In der DGLE sind 500 Logotherapeuten organisiert, entsprechende Institute bieten eine berufsbegleitende Ausbildung sowie Fort- und Weiterbildung an. Laut Johanna Fischer gehören nicht nur Psychologen, sondern auch Sozialpädagogen, Lehrer, Pfarrer, Geisteswissenschaftler, Naturwissenschaftler und Juristen dem Verband an. Bestandteil der Logotherapie ist, die eigene Situation einmal mit innerer Distanz zu betrachten, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Das hat auch viel mit Humor zu tun.


Der Blick auf das Wesentliche

Die Kernaussagen des Kongresses: Humor schult den Blick auf das Wesentliche, er fördert Entspannung und Gelassenheit sowie den lebendigen Umgang mit sich selbst und anderen. Mit Lachübungen beispielsweise aus dem Lach-Yoga kann der Mut zur Unvollkommenheit und zur Lächerlichkeit spielerisch geübt werden. Humor und innere Distanz fehlt vor allem Menschen, die den Drang zur »Hundertprozentigkeit« haben, die von der Angst beherrscht werden, etwas falsch zu machen. Wie Johanna Fischer vom DGLE-Vorstand bestätigte, gehe es dabei nicht um das oberflächliche Lachen beispielsweise über einen Witz, sondern um den tieferen Sinn gemäß einem Zitat von Otto Julius Bierbaum: »Humor ist, wenn man trotzdem lacht«.

Die Gelotologie hat die Auswirkungen des Lachens auf körperliche Vorgänge erstmals im Jahre 1964 untersucht. Einer der heute in diesem Bereich führend ist, referierte auch beim Ludwigsburger Kongress. Der Psychologe, Psychotherapeut und Psychoanalytiker Dr. Michael Titze ist überdies Gründungsvorsitzender von Humor Care Deutschland, ein Verein der die fundierte Anwendung von Humor in klinischen, psychosozialen, pädagogischen und beratenden Berufen fördert. Die Auswirkungen des Lachens laut Titze: Die Gedankenwelt verändert sich und damit auch der Blick auf die als belastend empfundene Situation. Ein heiterer, lachender Mensch begegnet seiner Umwelt außerdem anders, er ist kontaktfreudiger und dadurch auch beliebter sowie sozial erfolgreicher. Eine Minute Lachen ist überdies genauso erfrischend wie 45 Minuten Entspannungstraining. Lachen hilft auch gegen Schmerzen, es stärkt das Immunsystem, löst innere Anspannungen und macht stressresistent.

Die Forschungsergebnisse der Gelotologie haben auch zur Einrichtung von Klinikclowns geführt. Einer von ihnen: Ludger Hoffkamp aus Remseck. Der Seelsorger und Theologe ist seit 2004 Klinikclown, seit 2007 gehört er den Roten Nasen Deutschland an, einem Verein, der kranken Kindern den Klinikaufenthalt erleichtern will.

Immer mittwochs besucht Kampino, wie sich Ludger Hoffkamp als Clown nennt, die kleinen Patienten in der Ludwigsburger Kinderklinik. »Wir Clowns schaffen eine andere Atmosphäre, wir holen die Kinder aus ihrer Traurigkeit heraus und nehmen ihnen die Angst«, erzählt er. Die Kinder gewinnen Hoffkamp zufolge schnell Vertrauen zum Clown, weil sie ihn nicht als überlegen empfinden, sondern über dessen Dummheit lachen. Als Kampino entführt er sie in die Welt der Imagination und der Gefühle, Schmerzen werden vergessen. »Wir sind keine Therapeuten, doch unsere Arbeit fördert und unterstützt den Heilungsprozess«, betont der Pastoralreferent. »Wenn die Kinder staunen und lachen, dann können sie nicht über ihre Situation nachdenken«, fügt er an. Inzwischen sind die Klinikclowns auch in Pflegeheimen tätig, wo sie vor allem zu demenzkranken Menschen schnell einen Zugang finden. Denn im Gegensatz zur Erinnerung bleiben die Gefühle erhalten.