SWR 1 - Der Abend, 08.05.2006
Kommt ein Mann zum Arzt... O je, sagen Sie jetzt vielleicht, nicht so einen

Über diese Witze kann man meistens nicht lachen. Sollten Sie aber, denn lachen ist gesund. Auch völlig grundloses Lachen. Auch bei diesen schlechten Witzen. Hauptsache Sie lachen, und zwar lange genug. Mindestens sechs Minuten sollten Sie am Stück lachen. Jedenfalls sagen das die Gelotologen, das sind die Lachforscher. Lachen Sie jetzt nicht, das ist wirklich ernst gemeint. Dr. Michael Titze in Tuttlingen ist klinischer Psychologe und Psychotherapeut und er ist Experte für therapeutischen Humor. Mit ihm sprechen wir heute Abend, und wenn Sie zu ihm in die Praxis gehen, dann ist er meistens gut gelaunt, denn er hat schon eine ganze Runde weggelacht.
Michael Titze: »Ich gestehe, wenn ich zur Arbeit fahre, dann habe ich eine Kassette drin, das mache ich schon seit vielen Jahren. Da lachen Leute aus unserer eigenen Gruppe, die das sehr gut können, so eine halbe Stunde am Stück. Das ist das sogenannte Reflexlachen. Das dauert so zwischen fünf bis fünfzehn Minuten und dann lache ich zuerst, später lauthals leise mit. Andere Autofahrer, etwa an der Ampel, schauen nicht selten erstaunt 'rüber. Und wenn ich dann ein bisschen augenzwinkernd oder grimassierend zurückgucke, dann lacht fast jeder mit. Und das ist das Schöne.«

Dr. Michael Titze arbeitet mit therapeutischem Humor und ist heute Abend unser Lachexperte. In wenigen Minuten verrät er uns, warum wir überhaupt anfangen zu lachen. Wo ist der Kick?

Lachen ist nicht nur lustig, das zeigt die Gratwanderung z.B. beim Kitzeln. Das kennt jeder von uns. Das ist ja so ein Lachen mit Schauern vermischt. Der klinische Psychologe und Psychotherapeut Dr. Michael Titze forscht über das Lachen und arbeitet mit therapeutischem Humor. Er weiß deshalb auch, warum wir lachen und was das Lachen bei uns herauskitzelt.

Herr Titze, wann fangen wir an zu lachen? Wer oder was kitzelt das bei uns heraus?

Michael Titze: »Erich Kästner hat gesagt, es gibt zwei Zugangswege zum Lachen. Der eine ist das Kitzeln, also der physiologische Reiz, und das andere ist das Kontrasterleben. Von ganz einfachen Kontrasten lebt der Slap-Stick-Humor. Zum Beispiel: Ein würdevoller Herr geht über die Straße und die berühmte Bananenschale ist da. So rutscht er aus, fällt hin - und plötzlich gibt es einen Kontrast! Die ursprüngliche Erhabenheit, das, was auch mit Überlegenheit zusammenhängt, wird sofort umgekehrt in das genaue Gegenteil. Denn wenn man auf dem Hosenboden sitzt, dann ist man auf der Entwicklungsstufe eines kleinen Kindes. Dieser Kontrast führt dazu, dass der Lachreflex ausgelöst wird. Einmal wurde ich Zeuge, wie ein vergesslicher Professor zu einer Beerdigung kam. Er war schwarz gekleidet, trug eine schwarze Krawatte, hatte aber offensichtlich vergessen, sich die richtigen Schuhe anzuziehen. So trug er seine bequemsten Sandalen und merkte das erst, als er schon am Friedhof war. Er hat diesen Kontrast aber humorvoll bewältigt.
Alles, was nicht zusammenpasst, ergibt somit Kontraste. Und das führt zum Erleben von Komik. Komik ist nämlich nichts anderes als das Gefühl, das Zusammenhänge hergestellt werden, die eigentlich nicht zusammenpassen. Und genau das ist der Reiz, der zum Lachen führt.«

Sie haben vorhin auch das Kitzeln als physiologischen Reiz erwähnt. Wieso kann man sich nicht selber kitzeln?

Michael Titze: »Beim Kitzeln kommt es auch zu einem Kontrasterlebnis. Der physiologische Akt des Kitzelns besitzt eine durchaus aggressive Note. Seine Bezugspersonen, die das Kind zunächst als zugewandt und freundlich erlebt, nehme beim Kitzeln eine andere Haltung an. Vielfach wird eine scheinbar bedrohliche Gestik und Mimik ins Spiel gebracht, es wird ein böses Gesicht aufgesetzt, häufig ergänzt durch gruselige Lautäußerungen wie 'Huuu! Jetzt komme ich und hole dich!' Diese Mischung zwischen einer scheinbaren Bedrohung und einer liebevollen Nähe ist es, die den Kontrast beim Kitzeln hervorruft. Es geht also um ein Vorspielen von Aggression, ein spielerisches Hervorrufen von Angst, die sich sogleich wieder auflöst. Dies Angstlust führt zum Lachen. Aber manchmal, wenn Kinder nicht genau wissen, ob das wirklich nur ein Spiel ist, ob Liebe und Nähe tatsächlich involviert sind, wird sich die Angst nicht auflösen und das Kind beginnt beim Kitzeln zu weinen. Diese bedrohliche Seite beim Kitzeln hat etwas mit Erfahrungen zu tun, die unsere Vorfahren in grauer Vorzeit sehr ernst nehmen mussten. So gab es zu Zeiten der Höhlenbewohner viele gefährliche Insekten, zum Beispiel Taranteln und Spinnen, die auf der Haut auch kitzeln können. Doch diese Art des Kitzelns ist verständlicherweise sehr gefährlich. Kinder mussten also früh differenzieren lernen, dass das, was auf der Haut angenehm wirkt, grundsätzlich auch gefährlich sein kann. So müssen wir beim Kitzeln immer wieder neu entscheiden: Ist das jetzt nur eine vorgespielte Bedrohung, oder ist das jetzt eine wirkliche Gefahr? Und sobald wir erkannt haben, es ist keine wirkliche Gefahr, dann wird dieses Kitzelspiel, dieser Spaßangriff zu einem sehr angenehmen Erlebnis.«

Und deshalb funktioniert natürlich dieses sich selber Kitzeln auch nicht. Dr. Titze, Sie verraten uns nachher: Lachen ist gesund für jeden Menschen und wir reden gleich weiter hier in 'SWR 1 Der Abend' und dann sagen Sie uns bitte auch, warum man statt joggen auch einfach mal 'ne Runde lachen kann.

Dr. Titze, wie gesund ist Lachen tatsächlich?

Michael Titze: »Lachen ist vom biologischen und physiologischen Standpunkt aus gesehen gesund. Lachen führt zu einem Herz-Kreislauf-Training und es stärkt die Immunabwehr. Diese physiologischen Effekte sind von Lachforschern nachgewiesen.«

Das sind jetzt körperliche Merkmale, und es verwundert manche immer noch, aber es ist eigentlich schon relativ bekannt, dass es einem körperlich gut tut, wenn man lacht. Lachen für die Psyche, das scheint den meisten Leuten mehr einzuleuchten. Was bringt das Lachen tatsächlich psychisch?

Michael Titze: »Psychisch ergibt sich ein Befreiungseffekt. Entwicklungsgeschichtlich gesehen ist das Lachen ein Ausdruck von Triumph, von Überlegenheit, von Stärke, von einer aggressiven Stärke. Nicht im wertenden Sinn, sondern einfach im Sinne eines mutigen Zugehens auf die Welt hin. Dieser 'primitive Aspekt' wurde im Verlauf der kulturellen Entwicklung mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt, was zu Beginn der Neuzeit schließlich dazu führte, dass das Lachen verpönt war und dass die gebildeten Menschen davon Abstand nahmen. Es wurde eher gelächelt und nicht mehr gelacht, d. h. das ursprüngliche, expansive, lebensfreudige Moment war nicht mehr da. Nachdem man in letzter Zeit auch in der Psychotherapie begonnen hat, systematisch mit dem Lachen zu arbeiten, hat man einen Weg gefunden, dass Menschen auf eine natürliche Weise ihre Hemmungen verlieren können.«

Wie wird Lachen in der Therapie eingesetzt? Wie arbeiten Sie damit?

Michael Titze: »Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Das, was wir jetzt als Massenbewegung erleben, ist natürlich keine Therapie im eigentlichen Sinne. Aber es ist sehr prophylaktisch und es hat therapeutische Effekte. Das ist die Lach-Yoga-Bewegung. Daneben gibt es weitere Methoden, z.B. das Reflexlachen.
Lachen wird in der Psychotherapie eingesetzt bei Menschen, die sehr gehemmt sind, die sich also zu stark kontrollieren. Da ist es dann so, dass durch Übertreibungen, oder das Vermitteln von Techniken der Schlagfertigkeit, die selbstironisch sind, dem betreffenden Mensch die Möglichkeit an die Hand gegeben wird, sich in sozialen Situationen auf eine angenehme Weise zu behaupten, sich also selbstbewusst und freundlich durchzusetzen.«

Und das hilft dann auch im ganz normalen Alltag. In der Schule, im Beruf, in der Beziehung, beim Studium usw., kann es wirklich helfen, wenn man lachen kann. Wenn man auch über sich selber lachen kann und möglicherweise über die anderen.

Michael Titze: »Über sich selbst lachen zu können: das ist der Trick! Wenn wir ironisch und sarkastisch sind und andere herunterziehen oder sie niedermachen, dann führt das eher dazu, dass die anderen zurückschlagen und dass man sich in Der Folge möglicherweise auch nicht mehr ausstehen kann. Die ganz große Fähigkeit, und das wird im therapeutischen Zusammenhang gelehrt, ist die Selbstironie. Wenn ich also Angriffe von anderen dadurch ins Leere laufen lasse, indem ich noch eins oben drauf setze, bediene ich mich der selbstironischen Paradoxie. Wenn mir z.B. jemand 'Sie haben ganz schön zugenommen!' und ich ihm antworte' - 'Ja, Sie haben durchaus recht, denn als ich das letzte Mal in den Bus eingestiegen bin, ist die Hinterachse gebrochen!', dann löst sich der sich anbahnende Konflikt schlagartig im Lachen auf. Dieses Lachen geht nur scheinbar auf meine Kosten. Tatsächlich baut sich in diesem gemeinsamen Lachen eine zwischenmenschliche Brücke auf.«

Der Psychotherapeut Dr. Michael Titze arbeitet mit therapeutischem Humor in Tuttlingen. Er hat dazu Bücher geschrieben.
Sie heißen: Die heilende Kraft des Lachen und Die Humorstrategie. Erschienen sind die Bücher im Koesel - Verlag und kosten 12,00 EUR bzw. 15,95 EUR. Wenn Sie jetzt gerade einen Bleistift oder einen Kuli zur Hand haben, um sich das aufzuschreiben und wenn Sie wissen wollen, wie man sich mit einem Bleistift zwischen den Zähnen gesund lachen kann, dann bleiben Sie dran, denn das erklärt uns Dr. Michael Titze in 'Der Abend'.


Lachen ist nicht nur lustig. Lachen ist gesund. Mit Lachen kann man Geld verdienen. Wie das funktioniert sagt Ihnen der Kabarettist Dieter Noah. Darüber kann der Kabarettist Dieter Noah überhaupt nicht lachen, denn er lebt vom Lachen, was er übrigens selbst auch wieder ziemlich zum lachen findet. Jedenfalls ist Lachen gesund, das sagen die Gelotologen, also die Lachforscher. Deshalb sind die Deutschen seit ein paar Jahren auch viel gesünder als noch zu Zeiten Adenauers, oder Helmut Schmidts, oder Helmut Kohls. Warum das so ist, das sagt Ihnen Dieter Noah persönlich.

Dieter Noah: »Hallo. Ich bin's nur. Wissen Sie was mich im Leben am meisten überrascht hat? Dass man vom Witze machen leben kann. Andere bohren, hämmern, rechnen. Ich mache Witze. Nun gut, es ist ja auch extrem wichtig, dass da einer ist, der mal gute Laune macht. In Deutschland durfte man ja jahrzehntelang nur lustig sein, wenn man auch gleichzeitig darauf hinwies, dass alles ganz furchtbar ist. Das war die Vorstellung des Deutschen vom Witz. Das nannte man Kabarett. Das ist heute etwas lockerer. Es gibt sogar vereinzelt witzige Kabarettisten. Aber im Grunde gilt im Kabarett immer noch die klare Ansage: wir lachen, aber es ist trotzdem alles ganz furchtbar. Das ist so die Lockerheit, für die wir Deutsche weltweit beliebt sind. Wobei witzig sein an sich nicht immer nur locker ist.
Man sitzt zuhause am Computer, oder am Bleistift, oder an der alten Adler Schreibmaschine, ich glaube im Kabarettbereich schreiben noch viele an der alten Adler, oder am Gänsekiel, das würde dann auch das Alter der Witze erklären. Aber egal. Man sitzt da und grübelt und wenn einem dann nichts einfällt, das ist nicht witzig. Dann sitzt man da und denkt, verflixt, ist das ein Dreck, warum stellt sich hier verflixt noch mal keine verflixt gute Laune ein?! Deshalb ist Verbissenheit und Humor auch oft so nah beieinander. Man prügelt auf die Tastatur, beschimpft die Mitbewohner, verflucht die Welt und plötzlich macht es Pling! Man hat eine Idee! Super! Total geistreich, und dann klingelt immer das Telefon, oder die Nachbarin: Kann ich mal zwei Eier leihen?

Zack weg! Der ganze Gedanke ist weg! Das ist der Moment, wo man als Witzschaffender zum Gewalttäter werden kann, wenn man nicht ganz vorsichtig ist. Deshalb sind die Kollegen auch meist schon mit der vierten Frau zusammen. Wahrscheinlich sind die anderen unter mysteriösen Umständen zersägt, vergraben. Wobei natürlich auch das Tourneeleben dazukommt. Da ist ja oft auch die Sau los. Zuhause, da ist man verbittert von der Schreibblockade. Das muss ja irgendwo raus! Meist morgens um 3:00 Uhr in einer westfälischen Kleinstadt, wenn man sich das Publikum schon schön getrunken hat. Ich werde ja oft gefragt, sind Sie zuhause eigentlich auch lustig? Und ich sage dann immer: Nein! Bei uns zuhause gilt der Grundsatz: Wer lacht, wird erschossen!
Und dann sind die Journalisten oft empört. Ironie wird bei uns ja auch nicht immer verstanden, weil in Wirklichkeit ist es natürlich immer ziemlich lustig bei uns zuhause.
Ich sage immer, ein Analphabet wird ja auch selten Schriftsteller. Und wer privat Pazifist ist, sollte beruflich auch nicht Massenmörder werden. Das macht dann einfach keine Freude. Das nur als Tipp, wenn Sie zuhause gerade ein Messer schärfen, oder die Waffe reinigen und Sie eigentlich ein lustiger Vogel sind. Denken Sie mal über einen Berufswechsel nach.«

Lachen ist gesund. Dazu haben wir eine schöne Mail bekommen:

»Durch meinen Job habe ich sehr viel mit Kunden zu tun. Deshalb stellte ich vor ca. 10 Jahren mein ganz persönliches Motto auf: Die Tür zu meinem Büro steht für jeden offen. Jeder darf hereinkommen, doch er darf erst wieder hinausgehen, wenn er einmal gelacht hat. Ich versuche mich jeden Tag an dieses Motto zu halten. Auch bei Telefonaten, da ganz viele Menschen in großen Firmen ziemlich traurig durch den Tag und durch die Welt gehen. Es macht einfach Spaß, die Mitmenschen zum Lachen zu bringen, und das im alltäglichen Gespräch. Es muss nichts großartiges sein.«

Wer kräftig und vor allem lange lacht, tagtäglich, der bringt Körper und Geist in Schwung. Wie es genau funktioniert erklärt Werner Eckert von der SWR Redaktion Umwelt und Ernährung.

»Das Lachen scheint uns irgendwie vergangen. Es reicht gerade noch für 15 Mal am Tag, Gesamtzeit 6 Minuten, das ist wenig. Vor 50 Jahren haben wir noch dreimal solange gelacht und hatten wahrscheinlich viel weniger Grund dazu. Wer nichts zu lachen hat, der ist aber arm dran. Denn herzhaftes lockerndes Lachen ist wenig anstrengend und hat einen ähnlich gesundheitlichen Effekt wie krampfhaft hastiges Hecheln durch die Landschaft. Beim Lachen pumpen wir nämlich dreimal soviel Luft in die Lunge wie sonst, und wir jagen sie mit an die 100 km/h wieder raus. Das verbessert die Sauerstoffversorgung. Ein leichtes Gesichtslächeln setzt schon 20 Muskeln in Bewegung. Wenn Sie sich vor Lachen erst mal ausschütteln, dann sind es 80. Das bringt den Kreislauf auf Trab. Ein Puls von 120 gibt einen netten und gesunden Kick und bringt den Sauerstoff dann auch gleich in Hirn und Muskeln. Im Hirn drin fördert es die Ausschüttung von Glückshormonen, und Stressbotenstoffe werden besser abgebaut. Die veränderte Körperchemie kann man sogar messen. Freudentränen sind nachweisbar anders zusammengesetzt als Trauer- oder Wuttränen. Die Lachforscher, die Gelotologen wissen noch mehr. Nach dem Lachanfall entspannen sich die Adern und der Blutdruck sinkt. Das hat die University of Maryland mit Leuten nachgewiesen, die eine Filmkomödie gezeigt bekamen. Worüber wir letztendlich lachen, das ist übrigens gar nicht wichtig. Was zählt ist das Lachen selbst. Das macht sich z. B. Lach-Yoga zunutze. Dabei wird grundlos, aber sehr differenziert gelacht. Lachen ist zutiefst menschlich. Wir sind wohl die einzigen Wesen, die das wirklich können. Bei einigen Menschenaffen streiten sich die Gelehrten noch. Deshalb ist es auch kein Wunder, dass Lachen soziale Funktionen hat. Wer viel lacht, lässt sich nicht leicht mobben. Lachen entspannt Konflikte, und wer lacht wirkt sympathischer. Eigentlich müssten wir 15 Minuten am Tag lachen, sagen die Gelotologen. Das schaffen aber derzeit nur die Kinder. Die schütten sich bis zu 400 Mal am Tag so richtig aus.«

Zum richtigen gesunden Lachen brauchen Sie nur einen Bleistift, und zwar nicht zum Schreiben. Gesundlachen mit dem Bleistift zwischen den Zähnen. Lachen ist nicht nur lustig sondern auch gesund. Mit Lachtherapien meistern trübsinnige Menschen leichter das Leben. Intensives Lachen kann wie Jogging wirken. Wir machen hier in ein paar Minuten Lachtherapie mit dem klinischen Psychologen Dr. Michael Titze aus Tuttlingen. Wenn Sie mitmachen wollen, alles was Sie brauchen ist ein Bleistift. Aber nicht zum mitschreiben sondern zum mitlachen.

Die Humorstrategie, so heißt ein Buch des Tuttlinger Psychotherapeuten Dr. Michael Titze. Darin beschreibt er auch systematisches, scheinbar grundloses Lachen. Wer das beherrscht, der lebt tatsächlich ein Stück gesünder. Jetzt sagen Sie sich, wenn ich morgens um 6:00 Uhr aufstehe, habe ich erst mal nichts zu lachen. Aber das ist falsch. Gerade dann sollten Sie systematisch lachen. Dafür gibt es regelrechte Programme und Trainingseinheiten.

»Dr. Titze, was kann ich denn tun, um gleich morgens mit einem echten Lachanfall in den Tag zu starten?«

Michael Titze: »Es gibt inzwischen Tapes und CD's, die man einfach morgens, wenn man im Badezimmer ist, ablaufen lässt und dann hört man Leute, die kollektiv lachen und man macht einfach mit; das bringt einen schnell in sehr gute Laune. Noch interessanter ist die Bleistiftmethode, die in Kalifornien von Paul Ekman entwickelt wurde. Man tut sich einen Bleistift in den Mund, beißt rein, so dass die Mundwinkel angespannt werden. Das führt dazu, dass dieser wichtige Muskel, der für das Lächeln zuständig ist, der musculus zygomaticus, angespannt wird. Es gibt Untersuchungen die belegen: sobald dieser Muskel aktiviert ist, kommt es zu einer günstigen Beeinflussung der Gehirntätigkeit. Auf jeden Fall geht dann mehr Sauerstoff ins Gehirn und möglicherweise werden auch irgendwelche entzündungshemmende Hormone, vielleicht sogar Endorphine, ausgeschüttet. Das heißt natürlich: wenn ich, über einen längeren Zeitraum die Mundwinkel angespannt halte, was zwangsläufig ein Lächeln bewirkt, mache ich aktiv etwas, das dazu führt, dass ich mich körperlich besser fühlen kann. Das machen sich zunehmend viele Menschen z.B. auf dem Weg zur Arbeit zunutze. Sie stecken sich einen Bleistift zwischen die Zähne, beißen 10-15 Minuten einfach drauf - und fühlen sich dann hinterher wohler, sicherer und entspannter. Man kann deshalb feststellen: Lächeln ist auf jeden Fall von therapeutischer Bedeutung! Aber es muss, wie auch das Yoga-Lachen, bewusst und über einen längeren Zeitraum geübt werden. Es genügt nicht, einfach mal die Mundwinkel auseinanderziehen und dann anschließend wieder dreinschauen wie der Abschmecker in der Essigfabrik. Das bringt nichts. Es muss zu einem Training der Muskulatur führen, und dann hat ein Lächeln sogar Auswirkungen auf die Hirntätigkeit.«

Und ich muss den Bleistift natürlich auch quer reinstecken, nicht hochkant.

Michael Titze: »Ja klar, das würde einen anderen Effekt hervorrufen. Also, auf den Bleistift richtig draufbeißen, so dass die Mundwinkel angespannt werden. Das nennt sich dann die 'pencil-therapy'.«

Es heißt ja, ich lach' mich gleich kaputt oder so. Kann man das? Kann man sich kaputtlachen oder ernsthaft gefährden mit einem Lachkrampf oder mit zuviel Lachen?

Michael Titze: »Ja, es ist schon so, dass über das Lachen sämtliche Muskeln angespannt werden. Diese Anspannung ist sehr stark. Deswegen hat man, wenn man lange gelacht hat, Bauchschmerzen. Das kommt eben durch diese Anspannung der Muskulatur. Nach 5-7 Minuten, kommt es allerdings zu einer totalen Entspannung. Diese Entspannung ist der Grund, weshalb es sprichwörtlich heißt, dass man sich in die Hosen machen kann vor Lachen ... Weil sich die zuvor angespannten Muskeln plötzlich wieder lösen, ergibt sich auf natürliche Weise ein therapeutischer Effekt.
Bei Lachen kommt es auch zu einer Beeinflussung der Atmung. Diese Lachatmung bewirkt, dass wir drei- bis viermal soviel Sauerstoff in die Lungen bekommen, was natürlich auch der Hirnaktivität zugute kommt. Bei einem sehr intensiven Lachen kann so viel Sauerstoff ins Blut gelangen, dass dieses übersäuert werden kann. Vom physiologischen Standpunkt ist dies nicht gefährlich. Selbst dann nicht, wenn es in ganz seltenen Fällen zu einer Hyperventilationstetanie kommt, die z.B. Verkrampfungen in den Fingern hervorrufen kann. Wer das nicht kennt, kann in Panik geraten. Doch es ist harmlos und lässt nach, wenn sich dernormale Atemrhythmus wieder einstellt!
Es soll im 30-jährigen Krieg einige seltene Fälle gegeben haben, in denen sich Menschen tatsächlich 'totgelacht' haben. Damals gab es eine Foltermethode, bei der dem Delinquenten Salz auf die Fußsohlen gestreut wurde, das von Ziegen abgeleckt wurde. Die Delinquenten mussten dann unwillkürlich so gelacht haben, dass sie möglicherweise einen Herzschlag bekommen haben. Das ist aber nicht sicher.«

Steht so aber bei Grimmelshausen geschrieben.

Michael Titze: »Ja. Das steht da so geschrieben.«

Gott sei Dank sind diese Zeiten vorbei. Vielen Dank Dr. Michael Titze.
Wer Lachen lieber im Lachclub lernen will, der kann das z.B. in Freiburg tun. In ein paar Minuten sind wir dort beim Freiburger Lachanfall.


Effektive Therapie, und man kann das lernen, in einem der 5000 Lachclubs, die es mittlerweile weltweit gibt. Einer davon ist in Freiburg und es ist wirklich lustig dort, sagt SWR Reporter Wolfgang Horter.

Wolfgang Horter: »Los geht es mal ganz nüchtern mit Aufwärmübungen. Da werden die Arme, Beine, Bauch und Brust abgeklopft und gerieben. Noch ein paar Atemübungen und dann wird aber auch schon gelacht. Bärbel Hinz-Käfer ist die Trainerin. Sie hat den Lachclub in Freiburg vor vier Jahren gegründet. Seither treffen sich die Clubmitglieder jede Woche und lachen 60 Minuten lang ohne Grund. Am Anfang wirkt das noch eher künstlich.«

Bärbel: »Zunächst kann es durchaus ein künstliches Lachen sein. Nur auf die Dauer können Sie sich nicht dagegen wehren. Sie werden laut und spontan lachen. So laut wie lange nicht.«

Und so scheint es zu sein. Nach einer Weile lachen alle Teilnehmer kräftig mit.

Einige Aussagen: »Ich habe einfach den Eindruck, dass ich im Alltag zuwenig lache, und das war mein Motiv, das einmal auszuprobieren.«

»Ich finde es sehr positiv. Lockernd.«

»Ich habe Asthma, und jedes Mal, wenn ich hier weggehe, geht es mir wieder besser. Ich brauche dadurch weniger Medizin, wenn ich hierher gehen kann.«

»Ich finde es total gut, es ist total albern und man fühlt sich 10 Jahre jünger und ich kann jetzt gleich noch weitermachen, irgendwelche blöden Spiele.«

Ja, gesund sei es, sagen die Gelotologen, die Lachforscher. Für Herz und Kreislauf sei es gut, die Muskulatur wird verstärkt durchblutet, Stresshormone werden abgebaut und Glückshormone werden ausgestoßen und zwar so viele, wie nach einer Stunde Jogging.

Bärbel: »Auch wenn einem wirklich nicht nach Lachen zumute ist und es einem schwer fällt die Mundwinkel nach oben zu ziehen, tun Sie es einfach, denn das Hirn ist recht einfach gestrickt. Sobald die Mundwinkel nach oben gehen, die Augenmuskulatur miteinbezogen wird, denkt das Hirn, aha, dieser Mensch ist fröhlich, also schütte mal Glückshormone aus; so simpel funktioniert das.«

Ursprünglich kommt diese Art von Lach-Yoga aus Indien. Dort hat ein Arzt 1995 den ersten Lach-Club gegründet. Inzwischen ist das Konzept weltweit verbreitet.

Bärbel: »Mittlerweile gibt's ja jede Menge Psychologen, Psychotherapeuten, die das anwenden. In Krankenhäusern wird gelacht. Es gibt Kinderclowns. In England und den USA gibt's Lachkliniken.«

Und eines stimmt auf jeden Fall: Lachen ist ansteckend. Auch im Lachclub in Freiburg.

Lachen ist nicht nur lustig, aber eigentlich schon, oder? Selbst bei so Witzen wie, kommt ein Mann zum Arzt ... Worüber lachen die Deutschen am liebsten? Das fragen wir in wenigen Minuten den Tuttlinger Lachexperten Dr. Michael Titze.

Am Tumor ist, wenn man trotzdem lacht, und sei der Witz auch noch so schlecht. Und das ist auch gut so, denn Lachen ist eigentlich immer gesund, auch dann, wenn der Witz schlecht ist oder man grundlos lacht. Grundlos lachen für ein gesundes Leben. Mit dieser Therapie arbeitet der Tuttlinger Psychologe Dr. Michael Titze. Er ist auch Lachexperte und Lachforscher.

»Herr Titze, es ist ja tatsächlich so, dass, auch wenn es zunimmt, einige Leute grundlos lachen, doch viele eigentlich einen Grund haben und wenn es nur ein schlechter Witz ist. Worüber lachen die Deutschen am liebsten?«

Michael Titze: »Lachen ist der individuellste Ausdruck von Unangepasstheit. Zuweilen wird von einer kleinen Revolte des Körpers gesprochen, wenn ein Lackanfall beschrieben wird. Auslöser des Lachens sind - hier haben wir wieder die Kontrasttheorie - häufig Stimuli, die dem guten Geschmack, den vorherrschenden Sitten und Regeln nicht entsprechen, also verboten sind. So finden sich in totalitären Systemen, denken wir an die Nazizeit oder den Kommunismus, ganz viele Witze, die gegen gängigen Vorschriften gehen. Im Nahen Osten wird daher - heimlich - über die strengen Vorschriften des Korans gelacht. Bei uns ist es so, dass wir offensichtlich am besten über all das lachen, was man als politisch korrekt bezeichnet: also über die normative Forderung, nicht sexistisch, rassistisch usw. zu sein. Gerade darüber werden Witze, die alle unter der Rubrik &Mac226;geschmacklos' laufen. Vom Standpunkt der Lachforschung wird das nicht so eng gesehen. Man weiß, dass das Lachen aus Kontrasten lebt, die sich immer auch aus dem normativen Widerspruch des Gebotenen und Verbotenen ergeben. So lachen wir heute auch nicht mehr über viele Witze der 50er Jahre, sondern wir lachen über das, was heute verboten ist. Wir machen das aber augenzwinkernd.«

Die Briten haben besonders viel schwarzen Humor und lachen auch herzlich darüber. Das ist zum Teil auch sehr derbe. Kommen sie dadurch auch besser mit Katastrophen, Unglücken und Traumata zurecht als wir?

Michael Titze: »Der Begriff Humor kommt eigentlich aus England. Engländer haben schon recht früh die Möglichkeit gehabt, sich nicht so sehr an die Normen der Obrigkeit zu halten wie die Bewohner des Kontinents. Zu was der englische Humor aber nach wie vor in Opposition steht, sind die formale Zwänge, das Gebot, rational, höflich, rücksichtsvoll zu sein, das die britische Kultur charakterisiert. Und gerade das wird durch einen Humor, der ins Absurde, in den Non-sense geht, durch den Kakao gezogen. Mr. Bean macht das zum Beispiel. Indem er sich wie ein kleiner infantiler Trottel verhält, kann er sich vom typisch britischen Zwang zur Vernunft befreien.
Deswegen wird in England sehr viel geblödelt. Auch der britische Hang zum Exzentrischen geht in diese Richtung. Eigentlich ist es schon ein Diagnosekriterium: Wenn man sich die Witze anschaut, über die eine Gesellschaft lacht, dann weiß man, was deren Normen, deren Zwänge sind. Denn der Witz ist nichts anderes ist als eine Reaktionsbildung dagegen.«

Was ist ein typisch deutscher Witz?

Michael Titze: »Da wir ja bestrebt sind, sehr nett zueinander zu sein, gibt es entsprechende Witze, die ins Gegentail laufen. Da fragt man jemanden: »Verzeihen Sie mir, ich suche den Bahnhof.« Und die Antwort ist: »Ich verzeihe Ihnen. Suchen Sie weiter.«
Der Mitmensch wird also ein bisschen auf den Arm genommen. Das sehen Sie auch bei unseren Comedy-Größen, bei Karl Dall oder Harald Schmidt. Die Leute werden gezielt ein auf den Arm genommen. Man macht sich ein bisschen lustig über sie. Aber dass kann man nur verstehen, weil wir in einer Kultur leben, wo wir eigentlich alle ganz lieb zueinander sein sollen.«

Vielen Dank Dr. Michael Titze.

Lachen ist die beste Medizin, heißt es, oder mit Humor geht alles leichter. Aus der Distanz betrachtet sind die lustigsten aber auch unsere schwächsten Momente. Wir lachen uns buchstäblich schlapp. Die Vorteile des Lachens im Überlebenskampf unserer Art sind keineswegs offensichtlich, meint der Amerikaner John Moreall, derzeit Vorsitzender der internationalen Gesellschaft für Humorstudien.

John Moreall: »Wenn Sie das Lachen von der körperlichen Seite betrachten, dann ist das ziemlich anormal. Die meisten Emotionen setzen Energien frei, um etwas zu tun. Angst etwa bereitet auf Flucht oder Kampf vor. Wut ebenfalls auf Kampf und Bewältigung. Aber worauf bereitet das Lachen vor? Auf gar nichts. Tatsächlich geschieht das Gegenteil. Die Muskelspannung sinkt. Gelächter stört die Blutzirkulation und Atmung. Vom darwinistischen Standpunkt aus gesehen scheint Gelächter eher ein Anpassungshemmnis zu sein.«

Es sei denn, Lachen hindert uns daran mit Flucht oder Kampf zu reagieren, wenn dies gar nicht angezeigt ist. Wenn es am besten ist, die Lage entspannter aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Wie Lachen in der Evolution der Primaten entstanden ist, dazu gibt es dem Züricher Humorforscher Willibald Ruch zufolge eine schlüssige Theorie.

Willibald Ruch: »Lachen war einfach ein Spielsignal. Es gibt z.B. Schimpansenforscher die sagen, dass das Lachen ein Teil dieser Raufspiele sei. Man balgt sich und trainiert Aggression ein. Damit aber nichts passiert, also wenn ich meinen Kiefer an den Hals des anderen lege, muss der andere wissen, ich werde nicht zubeißen.
Aus dieser ambivalenten Situation, Anspannung, Entspannung, Angst haben, keine Angst haben, kommt eben das Luft auslassen, Luft anhalten und das hat sich als Signal ritualisiert. Das ist einfach ein Symbol geworden für: es ist nicht ernst.«

Das Lachen als Zeichen dafür, dass etwas nicht ernst ist, bzw. nicht so, wie es scheint. Die meisten Humorforscher sind sich heute einig, dass alles, worüber wir lachen, ein Inkongruenz enthält. Etwas passt nicht zusammen, ein Witz nimmt eine unerwartete Wendung, ein Bildwitz enthält ein unstimmiges Element. Das ist komisch. Wir lachen über die Inkongruenz, also über die Unstimmigkeit, die Unzulänglichkeiten des Lebens schlechthin.

John Moreall: »Irgendwann entwickelte der Mensch die Fähigkeit seine Erwartungen verletzt zu sehen und davon überrascht zu sein, aber nicht mit Angst oder Ärger zu reagieren, sondern Spaß an der Überraschung zu haben. Und darum geht es beim Humor. Humor bedeutet überrascht zu sein und das zu mögen.«