DEUTSCHLANDFUNK, 01.04.2006
In den April geschickt (gekürzt)
Am Mikrofon begrüßt sie Brigitte Frösig

Beim Kölner Stadtanzeiger ist der Redakteur Horst Piegler gemeinsam mit seinen Kollegen seit Jahren für dieses Ressort zuständig. Der Schalk schaut dem Mittfünfziger aus den Augen, als er die Berichte der vergangenen Jahre durchblättert und über diese Herausforderung erzählt.
Horst Piegler: Wir haben uns ab und zu Themen rausgesucht, die nahe liegen, die irgendwo einen wahren Kern haben und die ein bisschen ausgesponnen. Es hat zum Beispiel, das ist jetzt allerdings schon 15 Jahre her, eine Geschichte gegeben, in der wir Köln zum Zentrum der Ovologie gemacht haben, also der Ostereierforschung. Wir haben Wissenschaftler der Kölner Universität befragt dazu, und es hat da Philosophen gegeben, es hat Chemiker gegeben, Physiker, Soziologen und sogar unsere damalige Bürgermeisterin hat ihren Senf dazugegeben. Indem wir überlegt haben, ob es nicht klasse wäre, mit Köln bzw. Köln eine Städtepartnerschaft mit Idaho eingehen zu lassen.
Wir hatten zum Beispiel den Soziologen Erwin Scheuch von der Kölner Uni der feststellte: Titschen ist Gemeinschaftsglück.

Sprecherin: Der hat mitgemacht ...

Horst Piegler: Der hat mitgemacht. Wir haben also jede Menge Originalstatements von diesen Wissenschaftlern.

Sprecherin: Wie war die Reaktion?

Horst Piegler: Die Reaktion bei den Lesern war klasse. Ich kann mal grade eine raussuchen ...
Eine Dame schrieb uns: »Meine Enkelin hat es erst ernst genommen. Bei den Eiern mit Spoiler hat sie dann aber gestutzt.«
Ja wir haben dann natürlich die Aufklärung auch gebracht und da hat der Professor Nimitz, der mal irgendwann, glaub ich, sogar als Nobelpreisträger im Gespräch war, gesagt: »Den nachhaltigsten Erfolg hatte mit der Veröffentlichung übrigens ein Physikprofessor Günter Nimitz.«
Außer, dass er gleich Ovologenpost von einem Kollegen aus der Kernforschungsanlage in Jülich bekam, wurde ihm in einer Filiale seiner Bank, wo man bislang nichts von seinem akademischen Grad wusste, ungewohnte Aufmerksamkeit zuteil.
Dort wurde er nach Ostern begrüsst: »Guten Tag Herr Professor, was können wir für sie tun.«

Sprecherin: Schön, wie die Geschichten sich weitergesponnen haben ...

Horst Piegler: Aber sicher, klar. Wir hatten da vor ein paar Jahren einen Gag, der auch mit körperlicher Anstrengung verbunden war. Es gab damals einen neuen Erlass, das Brückengeländer in der Stadt erhöht werden müssen, wenn ein Fußweg an ihnen vorbeiläuft. Der Kollege Max Grönert und ich, wir haben dann da ein paar Brückengeländer aufgetan, die dafür in Frage kamen und haben überlegt, wie kann man kostensparend diese Brückengeländer erhöhen.
Zu dem Zeitpunkt gab es eine ganze Menge Baustellen der KVB, der Kölner Verkehrsbetriebe, die auch ihre Schienen ausmusterten.
Und wir sagten: »Na ist doch klasse, wenn die alten Schienen da rumliegen, warum nimmt man die nicht als erhöhtes Geländer?«
Schön und gut, wir haben uns dann bei der KVB so ein 1 Meter langes Schienenstück besorgt und haben gedacht, na das ist ja kein Problem, aber schleppen sie das mal durch die Stadt, legen es auf das normale Geländer und fotografieren es dann.
Das war einer dieser Gags und die Leute haben es uns dann zum Teil abgekauft.

Sprecherin: Sind die Leute sauer, wenn sie merken, sie sind vorgeführt worden?

Horst Piegler: Nein, überhaupt nicht. Also mir ist bislang noch nicht vorgekommen, dass also, sowohl von Leserbriefen, als auch von Anrufen, irgendjemand so sauer war, dass er sich vergackeiert gefühlt hat. Die meisten haben es positiv aufgenommen, haben sich gefreut und haben gelacht.

Sprecherin: Der Theologe, Manfred Böcker-Huberti ist nicht nur Pressesprecher des Erzbistums Köln, sondern beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Bräuchen und deren Ursprüngen. Genau der richtige Mann also, um die Fragen zu beantworten, woher dieser Brauch stammt, wie alt er ist und warum wir ausgerechnet am 1. April versuchen, die anderen zum Narren zu halten.
Natürlich kann er bei diesem Thema auf eigene Erfahrungen zurückgreifen, auch wenn die schon viele Jahrzehnte zurückliegen.

Manfred Böcker-Huberti: Das war in Kindertagen. Das war damals unter uns üblich, solange ich im Bereich der Grundschule war, dass man die kleinen Scherze nach dem Motto: Der Knopf ist weg - man guckt nach unten, wo der Knopf weg ist - und dann fuhr der Finger des Zeigers hoch und hat einen empfindlich an der Nase getroffen. Das ist wie gesagt, schon lange her.

Sprecherin: Danach gab es nichts mehr?

Manfred Böcker-Huberti: Es gab Versuche, aber der Termin war mir immer so bewusst, dass ich nicht drauf reingefallen bin.

Sprecherin: Und Sie selbst, haben Sie jemand zum Aprilnarren gemacht?

Manfred Böcker-Huberti: Zuhause, auch die ganz kleinen üblichen Scherze, dass irgendwas passiert ist und man darauf reagieren muss: Telefon geklingelt oder dieser hat was gewollt und dann fällt die Frau oder die Kinder fallen auf so was herein.
Natürlich, das gehört mit dazu. Aber die waren so clever, das hat immer nur einmal geklappt und dann war es auch zu Ende.

Sprecherin: Sie sagen, die ganz kleinen Dinge. Was macht einen Aprilscherz zum Aprilscherz? Was ist das hervorstechende Charakteristikum?

Manfred Böcker-Huberti: Der gegenwärtige Aprilscherz, den gibt es eigentlich in zwei Varianten. Das eine ist der medial inszenierte, d.h. unsere Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen sehen sich in der Pflicht, zum 1.April immer etwas zu präsentieren in dieser Form. Daneben gibt es die kleine Form nach wie vor weiter, wo ich mich an eine Stelle hinstelle und hochgaffe zu irgend etwas. Die anderen bleiben stehen und ich erkläre ihnen, was ich da sehe. Was keiner sieht, aber alle dann beschreiben.
Diese Art von Aprilscherz, genauso wie die, dass man irgendwo gerade angerufen worden ist oder es ist etwas passiert, was so unwahrscheinlich ist, dass man es nur am 1. April glauben könnte, also alle diese Dinge existieren nach wie vor. Allerdings ist der selbstgemachte Aprilscherz nicht mehr ganz so à la mode wie der medial inszenierte. Es ist etwas mühsam, sich seine Scherze selber zu machen und setzt ein gewisses Maß an Engagement in Sachen Humor voraus.

Sprecherin: Das sind die gegenwärtigen Aprilscherze. Wie sieht das in der Vergangenheit aus?

Manfred Böcker-Huberti: Wir haben diesen Typ von Aprilscherz, wie wir ihn im kleinen Format haben, also im selbstgemachtem Aprilscherz in einer Variante heute, die ich auf die Zeit der Aufklärung zurückführe. Und zwar, wo der angeblich Schlaue dem angeblich Dummen etwas auferlegt an Auftrag, was so hirnrissig ist, dass man es eigentlich merken würde, was aber durch die Autoritätsgläubigkeit des Jungen eher nicht passiert. Also das Pfund Haumichblau, das ich irgendwo kaufen gehen soll.
Das sind aber Manieren, so glaube ich heute, die entstanden sind durch die Zeit. Eine Zeit, wo nämlich der Kluge seine Klugheit dadurch bewies, das er den Dummen als dumm sich darstellen ließ. Um genau diese Variante dreht es sich beim Aprilscherz, der am Anfang wohl ein ganz anderer gewesen ist. Da wurde man nicht zum Narren gemacht, sondern nach meiner Ansicht liegt der Anfang des Aprilscherzes darin, dass ich mich selber zum Narren machte.

Sprecherin: Erklären sie einmal den Unterschied.

Manfred Böcker-Huberti: Die Begründungen, die man für die Entstehung des Aprilscherzes sucht, sind höchst unterschiedlich, da gibt es sehr verschiedene.
Die für mich wahrscheinlichste ist die, dass der 1. April schon in vorchristlicher Zeit als ein besonderer Unglückstag gegolten hat. Er gehört zu den Unglückstagen, die Kaiser Augustus schon im Kalender festschreiben ließ.
Das konnte man im Christentum so nicht fortsetzen, sondern da gab es dann eine andere Erklärung, nämlich: Das ist der Geburtstag von Judas Ischariot, dem Verräter Jesu. Wenn das der Geburtstag ist von einem solchen Menschen, kann dieser Tag kein Glück bringen. Es muss ein Unglückstag sein und zwar ein Tag, an dem der Teufel Macht hat. Wenn der Teufel an diesem Tag Macht hat, dann wird er versuchen sie auszuüben in der Form, dass er alle in seine Macht zu bringen sucht, die es noch nicht sind. Die aber schon in seiner Macht sind, das sind die, die Gott leugnen, und wer Gott leugnet, ist ein Narr, so steht es schon im Alten Testament.
Also, wenn ich mich an diesem Tag selber zum Narren mache, geht der Teufel davon aus, dass ich ihm schon gehöre, und also kann ich ihm entwischen.

Sprecherin: Hat sich das dann nur zu einer mitteleuropäischen oder sogar einer deutschen Eigenart entwickelt?

Manfred Böcker-Huberti: Man kann diesen Aprilscherz und seine Parallelformen im gesamten indogermanischen Sprachraum feststellen. Das Huli-Fest der Inder ist nichts anderes als eine Art Scherzfest und wenn die Franzosen irgendjemand den Aprilfisch auf den Rücken heften, ist das nichts anderes als das, was die Angelsachsen gemacht haben und die haben es auch mit nach Amerika genommen. In Portugal wird ihnen nicht der Fisch vorne oder hinten angehangen, sondern es wird ihnen Staub ins Gesicht geblasen oder Wasser. Es gibt überall entsprechende Formen ...

Sprecherin: Und all das am 1. April?

Manfred Böcker-Huberti: ... und all das am 1. April!

Übers Wasser führt ein Steg und darüber geht der Weg.
Max und Moritz gar nicht träge, sägen heimlich mit der Säge,
Ritzeratze! Voller Tücke, in die Brücke eine Lücke.
Als nun diese Tat vorbei, hört man plötzlich ein Geschrei:

»He, heraus du Ziegen-Böck! Schneider, Schneider, meck, meck, meck!«
alles konnte Böck ertragen, ohne nur ein Wort zu sagen;
Aber, wenn er dies erfuhr, ging' s ihm wider die Natur.

Schnelle springt er mit der Elle über seines Hauses Schwelle,
denn schon wieder, ihm zum Schreck, tönt ein lautes: »Meck, meck, meck!«

Und schon ist er auf der Brücke. Kracks! Die Brücke bricht in Stücke;
Wieder tönt es: »Meck, meck, meck!« Plumps! Da ist der Schneider weg!

Sprecherin: Dieses war der dritte Streich und der vierte folgte gleich.
Es bedarf dann noch vier weiterer Streiche, bis Max und Moritz ihr schreckliches Ende nehmen. Fein geschrotet verzehrt sie schließlich Meister Müllers Federvieh.
Eine gerechte Strafe für die beiden bösen Buben oder?
Der Psychoanalytiker und Humortherapeut Michael Titze sieht das gar nicht so.
Denn die Schadenfreude, die ja die beiden bei ihren Missetaten reitet, sei ein durchaus legitimes Gefühl. Es helfe den Kindern dabei, ihre Identität zu stärken und ihren Platz in der Welt der Erwachsenen zu erobern. Und ein Teil dieser Kindheitserfahrungen tragen wir ja ein Leben lang in uns.

Michael Titze: Für unser 'inneres Kind' ist es das allerschönste, etwas tun zu können, was die eigene Kleinheit, Unvollkommenheit sofort kompensiert. Und das ist z.B. der Fall, wenn ich sehe, dass jemand auf der berühmten Bananenschale ausrutscht oder jemand, den ich als Kind als groß und kompetent erlebe, plötzlich genau so schwach ist wie ich, Sprachschnitzer macht oder errötet oder sonst etwas Beschämendes macht: All das wertet das eigene Selbstwertgefühl sofort auf.
Deswegen ist der Clown, der ein Spezialist in der Kunst des Stolperns ist und der auch eine Lust am Scheitern demonstriert in diesem Zusammenhang so wichtig. Er zeigt seinen Zusehern, und das sind ja vor allem Kinder, die sich über ihn freuen, dass es eigentlich gar nicht schlimm ist, wenn man schwach und inkompetent ist - und damit können sich die Kinder wunderbar identifizieren. Und sie sagen sich, wenn sogar ein Erwachsener sich so viele Fehler leistet wie der Clown, dann ist es vielleicht gar nicht so schlimm, wenn man nicht perfekt ist. Und ich denke, das ist psychologisch gesehen eminent wichtig.

Sprecherin: Hat jeder von uns ein Quäntchen dieser Schadenfreude noch in sich? Wenn Kinder das haben, dann müssten wir das doch auch haben.

Michael Titze: Also, wenn wir davon ausgehen, dass in uns allen ein 'inneres Kind' schlummert, manchmal sogar sich ganz schön zu Gehör bringt und in Aktion tritt, dann, denke ich, feiert dieses Kind immer dann fröhliche Urständ, wenn sich Möglichkeiten ergeben, sich auf einen Schabernack einzulassen, und wenn auch nicht die Gefahr besteht, dass man hinterher ein fürchterlich schlechtes Gewissen haben muss.

Sprecherin: Eines ihrer Bücher heißt: »Die heilende Kraft des Lachens«. Gilt das auch für das Lachen, das sich aus der Schadenfreude nährt?

Michael Titze: Schadenfreude ist ein Ventil, das uns die Möglichkeit gibt, Affekte freizusetzen, die mit der aggressiven Lebenskraft zusammenhängen. Wir müssen uns aber frei machen von Mitleid. Freud sprach von einem 'ersparten Mitleid'. Oder: Wir müssen es uns gestatten, eine 'momentane Anästhesie des Herzens' zuzulassen. Das ist ein Begriff von Henry Bergson, der sich als erster mit dem Lachen und der Schadenfreude befasst hat.

Sprecherin: Warum sollen wir denn unser Herz kurzfristig anästhesieren? Was hat das für einen Nutzen?

Michael Titze: Dass wir kurzfristig wieder so werden, wie wir als Kinder waren, vielleicht so wie Pippi Langstrumpf oder so wie andere starke Kinder: Vorbilder, die wir eigentlich immer, nicht nur als Kinder, sondern auch als Erwachsene geliebt haben. Es sind dies kompetente Kinder, die einfach das tun, was sie wollen.

Sprecherin: Wo ist die Grenze?

Michael Titze: Es geht vor allem darum: Wenn ich es akzeptiere, dass es mir selbst passieren könnte, dann darf ich es auch jemand anderem zumuten. Wenn ich den betreffenden Schaden selber niemals erleiden möchte, darf ich es, folgerichtig, auch nicht einem anderen antun. Das war zum Beispiel im Circus Maximus der Fall: Die Zuschauer hätten die zur Schau gestellten Grausamkeiten natürlich nie mit sich machen lassen wollen, aber trotzdem lachten sie drüber.

Sprecherin: Das gilt natürlich nicht für den Aprilscherz, dem er selbst vor einigen Jahren aufgesessen ist. Da berichtete die Tageszeitung in seinem Heimatort Tuttlingen über einen neu entdeckten Sees riesigen Ausmaßes unter der Schwäbischen Alb.
Michael Titze war nicht der einzige, sogar Forscher der Uni Tübingen hatten der Meldung Glauben geschenkt und sich auf den Weg gemacht.
Geschrieben hatte die Geschichte der Schulleiter Richard Moosbrucker. Beim Heuberger Boten ist er seit vielen Jahren als freier Autor tätig und kann dort seinen Erfindungsreichtum in der Ausgabe des 1. April immer wieder ausleben.

Richard Moosbrucker: Man kann nicht immer davon ausgehen, dass so ein Artikel jetzt tatsächlich von vielen so ernst genommen wird. Die meisten Leser sind Gott sei Dank auch ein bisschen kritisch und glauben nicht alles, was man ihnen anbietet.
Sinn und Zweck ist eigentlich in erster Linie der Spaß. Also die Leute sollen einfach lachen über das was in der Zeitung steht. Am 1. April muss man nicht immer alles ernst nehmen, denn es darf auch einmal gelacht werden. Es wäre schön , wenn es den Menschen vielleicht etwas leichter gelänge, immer dann über sich selbst zu lachen, wenn man einmal einen eigenen Lapsus gemacht hat.

Sprecherin: Wissen Sie, was der Heuberger Bote den Lesern dieses Jahr am 1. April vorführt?

Richard Moosbrucker: Ich bin auch in diesem Jahr wieder dabei, das hat sich gestern so ergeben. Ich habe mich mit der Redaktion kurzgeschlossen und habe eben erzählt, dass ich einen Termin mit dem Deutschlandfunk habe und habe mal ganz vorsichtig angefragt, ob sie Interesse hätten, ich hätte da nämlich was auf Lager.
Aber was das sein wird, das kann ich Ihnen auch beim DLF noch nicht sagen. Vielleicht können sie ja am Samstag die Zeitung lesen, dann wird es drinstehen.

Sprecherin: Na, haben sie ihn erkannt? Chris Howland war das, der legendäre Mr. Pumpernickel, der in den 50er-Jahren nicht nur die Radiosendung »Spielerei mit Schallplatten« moderierte, sondern ab 1961 Akteur und Moderator »Vorsicht Kamera« war.
Deren Trailer hat er da grade imitiert. Es war der gefilmte Aprilscherz.
Die, nicht sichtbare Kamera, filmte ahnungslose Menschen, die mit Situationen konfrontiert wurden, die eigentlich unmöglich waren. Und der Zuschauer zuhause am Fernseher konnte sich ins Fäustchen lachen, ähnlich wie Kinder im Kasperletheater.
Schadenfreude ist eben doch die schönste Freude.
Auch wenn der WDR »Vorsicht Kamera« nur 2 Jahre ausstrahlte, gilt sie heute als Vorläufer sämtlicher Sendereihen, die nach dem gleichen oder dem ähnlichen Muster funktionieren.

Chris Howland: Wir waren eine Gruppe von jungen Leuten und wir haben so alle zusammengesessen. Einer sagte: »Warum machen wir nicht dies oder das oder jenes ...« Und die Ideen sind links und rechts, die kamen aus dem Nirgendwo. Und viele waren nicht gut und einige waren sehr gut.

Sprecherin: Erinnern sie sich noch an die guten, an den Besten?

Chris Howland: Jaaa, ich habe ein englisches Auto gehabt, mit einem englischen Kennzeichen und ich sollte dann ein deutsches Kennzeichen bekommen. Hatte dann plötzlich kein Auto, durfte es nicht fahren. Bis die Papiere in Ordnung waren, habe ich mir dann einen BMW Isetta gekauft. Dieser kleine ...

Sprecherin: ... zum Vorne einsteigen ...

Chris Howland: Genau. Und damit bin ich in München dann hin und her gefahren und dann bekam ich die Papiere von meinem Auto und jetzt hatte ich eine Isetta. Was mache ich jetzt damit? Und irgend einer, ich war es nicht, hat gesagt: »Warum machen wir in das Ding nicht einfach einen Tank, einen Benzintank?«
Und das haben wir dann getan. Wir haben die Sitze ausgebaut, wir haben alles, alles ausgebaut und dann nur einen Tank hinein getan und mit einer Decke zugedeckt, so dass keiner etwas sehen konnte. Und der Heli auf diesem Tank, sah aus wie ein Sitz, ist hingefahren zu einer Tankstelle und hat gesagt: »Bitte volltanken ...«
Zwölf Liter gingen rein, glaube ich. Nun, dann ist er in das Geschäft gegangen und wir sind nur beim Tankwart geblieben. Natürlich nach 12 oder so, langsam 13, 14, 15 Liter, dann wurde er langsam unsicher. Dann hat er dann unter das Ding geschaut, um zu sehen, ob es irgendwie auslief. Er war hervorragend der Mann. Am Schluss hatten wir über 100 Liter, die sind reingegangen. Dann kam der Heli und der Tankwart hat gesagt, ich weiß nicht, was Benzin damals gekostet hat, aber er hat ihm dann 100 Liter Benzin verkauft. Und der Heli hat natürlich gesagt: »Hören sie mal, da gehen nur zwölf Liter rein, was wollen Sie mir damit sagen?«
Da kam so diese Riesendiskussion mit dem Tankwart und schließlich haben wir die Story dann aufgelöst, wie wir es genannt haben und der Tankwart fand es super.
All diese Art von Stories die haben uns sehr viel Spaß gemacht.

Sprecherin: ... und den Leuten auch? Fühlten die sich nie vorgeführt?

Chris Howland: Nee - ich glaube, in diesen zwei Jahren in denen wir gearbeitet haben, hat nur eine Person nein gesagt und ich konnte ihn gut verstehen.
Er war der Geschäftsführer von einer Riesenfirma, ich sage nicht welche Firma. Wir haben ihn so derartig reingelegt, er sagte: »Ich möchte das hier ganz gerne zeigen, aber wenn sie das zeigen, habe ich meinen Job verloren. Kein Mensch nimmt mich dann mehr als intelligenten Menschen.«

Sprecherin: Warum ist die Sendung nach 2 Jahren, Sie sagten, zwei Jahre haben sie es gemacht, warum ist die nach so kurzer Zeit wieder aus dem Verkehr gezogen worden?

Chris Howland: Man gibt die Schuld Erich Mende, er war Vizekanzler in Deutschland. Die haben gesagt, das wir die Intimsphäre von Leuten verletzt haben. Aber die Sendung war damals super modern, es war ein Straßenfeger. Okay, da konnten wir nichts mehr tun, wir mussten aufhören.

Sprecherin: War die Zeit noch nicht reif für so was?

Chris Howland: Ich glaube, wenn ein Pionier irgend etwas pioniert, dann muss man dieses Risiko eingehen. Dass die Leute hinterher sagen, das ich vor meiner Zeit war ...
Der Erich Mende hat das selber gesagt, weil ich habe mit ihm gesprochen, er sagte oder ich sagte zu ihm: »Was Sie gefürchtet haben, schauen sie mal heute im Fernsehen, was die da mit den Leuten machen? Wir waren total harmlos ...« und er sagte: »Ja, ja, Sie haben völlig recht, Sie waren vor ihrer Zeit«.
Okay, wir waren vor unserer Zeit, unsere Sendung wurde gestoppt und später dann als »Verstehen Sie Spaß?« wurde es dann weiter gemacht und sehr gut weiter gemacht, aber nicht von uns.