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SWR-Fernsehen, Sonde, 15.02.1999 |
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Es wird bei uns immer weniger gelacht |
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Es ist so, es wird bei uns immer weniger gelacht, obwohl die Wissenschaft längst festgestellt hat, dass lachen so gesund ist. Wer also trotzdem partout nicht lachen will, wer also an Lachinsuffizienz leidet, nun für den schafft die Lachclub-Bewegung Abhilfe, die wir besucht haben.
Aus dem Jammertal Erde soll ein Planet des Frohsinns werden. Dazu wollen auch die deutschen Apostel des Humors beitragen. Anlässlich des Welt-Lachtages riefen sie Bekehrungswillige in ihre Kirche, die bereit waren, an Lachexerzitien teil zu nehmen.
Die Übungen, entwickelt von dem indischen Arzt Dr.Kataria, führen in der Gruppe rasch zu spontanen Heiterkeitsausbrüchen. Atem-und Dehnungsübungen, sowie gezielte Attacken auf die Lachmuskeln sind die wesentlichen Elemente des Trainings. Täglicher Zeitbedarf etwa 20 Minuten.
Das Ziel des gemeinsamen Lachens ist der Abbau von Stress, die Stärkung des Immunsystems und die Besserung des Allgemeinbefindens. Lachen kostet nichts, allenfalls die Miesepetrigkeit und wer könnte darauf nicht verzichten.
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Moderator: Viele Menschen haben gelacht, viele Menschen haben am eigenen Körper aktiv gemerkt dass es etwas bringt, dass es etwas bewegt, dass es etwas löst. Ich finde es schön, dass so etwas gemacht wird, wunderbar. Trotz Stresssituation, trotz Arbeit vor einer Kamera, man kann sich dem gar nicht entziehen, man muss lachen. Warum muss man lachen?
Erika Kunz: Das ist das beste Mittel und das setze ich immer und überall ein, auch wenn es einem schlecht geht, aber das ist genial.
Moderator: Lachen ist ansteckend, man kommt gar nicht hinaus.
Erika Kunz: Ja, es ist aber auch ideal geeignet für alles.
Moderator: Wir haben gerade in einem Filmbeitrag gesehen, wie sich Menschen köstlich amüsieren. In der Faschingszeit amüsiert man sich auch köstlich, dann braucht man das doch gar nicht mehr. Wir sind doch momentan alle lustig.
Dr. Michael Titze: Einmal im Jahr, in der fünften Jahreszeit, sind wir lustig und ausgelassen. Und es ist toll, das wir das überhaupt können. Aber das sind nur ein paar närrische Tage. Was machen wir aber mit dem Rest der Zeit? Erich Kästner hat einmal gesagt: »Ein Mensch ist nur dann ein richtiger Mensch, wenn er erwachsen wird und trotzdem Kind bleibt. Ansonsten ist er nur ein halber Mensch.«
Wir machen den Fehler, dass wir wahrscheinlich denken, wir sind nur dann richtig gute Menschen, wenn wir nicht so sind wie die Clownin Erika Kunz.
Moderator: Man muss sich über sich selbst lustig machen können? Ist das der Witz dabei?
Michael Titze: Genau, man muss das machen, was kleine Kinder machen. Die denken nämlich nicht so viel. Kinder haben sehr sehr viel mehr Möglichkeiten als Erwachsene. Die können im Grunde alles machen. Wir als Erwachsene werden durch unendlich viele Zwänge eingeengt. Wir sind durch unsere Rollen gebunden und durch Benimm-Regeln. Was wir dann noch können dürfen, das ist in der Tat sehr wenig. Angesichts dieser Gebundenheit können wir uns nur noch amüsieren, wenn uns jemand vormacht, was es heißt, so ungezwungen zu sein wie das Kind. das wir selber einmal gewesen sind.
Moderator: Ja, aber machen wir uns nicht lächerlich? Sie haben zwar vorhin auch gelacht, als ich die Nummer von »Dinner for one« gemacht habe. Macht man sich nicht lächerlich, besteht die Gefahr nicht auch?
Michael Titze: Haben Sie das gesehen? Als Erwachsener haben Sie sich doch auf sich selbst konzentriert, weil Sie es gut machen wollten! Das machen wir übrigens alle. Das ist ja überhaupt das Kennzeichen erfolgreichen Erwachsenseins!. Wenn wir als Erwachsene etwas machen, denken wir angestrengt und konzentrieren uns. Kinder denken nicht, sie sind in der Regel auch entspannt. Ihnen ist es egal, ob die anderen lachen oder nicht. Vor allem haben normale Kinder auch keine Angst davor, lächerlich zu sein.
Erika Kunz: Probiert es einfach aus, weil Lachen kann man überall einsetzen und man macht sich nicht lächerlich. Der Clown lebt vom Scheitern.
Moderator: Mit welchen Problemen kommen die Patienten, die Menschen zu Ihnen?
Michael Titze: Es sind, wie gesagt, Menschen, die alles richtig machen wollen. Sie denken, das sei der Schlüssel, die einzige Überlebenschance, sowohl im Beruf als auch im Privatleben. Sie wollen keine Fehler machen. Wenn man keine Fehler machen will, muss man sich aber kontrollieren, und dieses »sich Kontrollieren« engt ein.
Moderator: Also loslassen und Distanz gewinnen?
Michael Titze: Loslassen gerade vom sich selbst kontrollierenden Denken
Moderator: Und das Herr Dr. Titze, das ist jetzt sozusagen der neue Trend in der Psychotherapie?
Michael Titze: Es ist erstaunlich, seit 10 oder 12 Jahren gibt es weltweit ernsthafte Psychotherapeuten, die sich überlegen, was der Humor bewirken kann und wie er für einen auch gesamtgesellschaftlich als heilsamer Prozess genutzt werden kann. Es ist offensichtlich so, dass gerade unsere Zeit den Humor besonders braucht. Dabei geht es um eine Haltung, ein Denken, das wieder dort ansetzt, wo wir als Menschen angefangen haben - in der affektiven Leichtigkeit kindlichen Lebens. Aus dieser Haltung heraus lässt sich dann vieles tun, was kreativ und verblüffend ist.
Moderator: Ein Beispiel für diesen Einsatz ist, dass es nicht nur Clowns in Fernsehstudios gibt oder Krankenhäusern, sondern mittlerweile auch in Altenheimen. Am Bonner Itzel-Sanatorium versucht man über das Lachen einen Zugang zu finden zu Menschen, die ihre Gegenwart vergessen, zu Alzheimer Patienten.
Frau Gudula Steiner-Juncker, Lach-Gestalterin erklärt in einem Bericht dazu: Indem ich da hineingehe in diese Heime, bringe ich eben einen Teil des Lebens zurück. Therapeutisches Arbeiten oder Bearbeiten funktioniert da nicht mehr und deshalb gehe ich automatisch auf die Ebene des Lachens, des Humors, der Heiterkeit.
Es geht um die Wahrnehmung dessen, was ich sehe, was ich mitbekomme und das sind oft Kleinigkeiten. Es ist ein Lachen oder wenn eine Frau immer nur so unter sich schaut und plötzlich sieht sie mich. Dann hebe ich einen Finger, kommt ihr Finger, begegnet meinem Finger. Das ist Begegnung, das ist Kommunikation. Es ist eigentlich ein Spiel mit dem Unerwarteten, denn ich weiß nie genau was passieren wird. Es kann sein, das sich eine Bewohnerin an etwas erinnert aus ihrem Leben und anfängt mir das zu erzählen.
Wichtig ist die persönliche Beziehung die ich mit den Bewohnern, den Bewohnerinnen habe und die Annäherung an eine Grenze wo die Normalität überschritten wird, die in solch einem Heim sehr stark das Leben bestimmt."
Moderator: Es ist wirklich berührend oder anrührend, wie die Dame in diesem Filmbericht lacht. Das Lachen kann also eine ganz andere Ebene in uns erreichen
Michael Titze: Ja wir kommen an den Kern unserer Persönlichkeit, wir kommen an unser affektives Selbst heran. Wir sind dann so, wie wir eigentlich sind.
Moderator: Der Clown bringt dann sozusagen das Kindliche wieder hinein?
Michael Titze: Der Clown, der früher als Narr, als Hofnarr bekannt war. Der Narr ist das Ebenbild des Kindes, einerseits belächelt, nicht ernst genommen, andererseits aber auch ein Vorbild für andere. Denn er war der Berater des Königs, also sehr weise. Der Clown ist jemand, der sich keinen Gesetzen unterwirft. Auch in der Demenz, wir haben das eben gesehen, hält sich der Mensch nicht mehr an die Gesetze der Rationalität und an die Normen des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Der närrische Clown lässt dies aber bewusst geschehen. Das kann belustigen und auch faszinieren, manchmal wirkte es aber auch befremdlich.
Moderator: Herr Titze, was passiert in diesem Moment, was passiert in dem Moment, wenn dieses Unerwartete auftritt?
Michael Titze: Es ist etwas, was verblüffend wirkt, was nicht mit unserem rationalen Denken zu vereinbaren ist. Es ist einfach das, was wir als Spontaneität bezeichnen. Es ist die Chance, die unendlich vielen Möglichkeiten im Leben zu finden, die Anlass sein können, sich zu freuen.
Moderator: Es ist ja schon sozusagen ein Hinweis darauf, wie man das Leben für sich auch ein wenig freundlicher, mehr zum Lachen hin gestaltet. Wie kann man das bewusst forcieren Frau Kunz?
Erika Kunz: Indem man immer lacht, auch in den schwierigen Situationen. Wenn man nicht lachen kann, sollte man wenigstens versuchen, noch in das Lächeln hineinzukommen. Damit man die Freude mehr und mehr in das Leben integrieren kann.
Moderator: Dann kann man auch diese Grundbefindlichkeit die man hat ein wenig erhöhen, ein wenig verbessern?
Erika Kunz: Allerdings, denn man kommt dann aus der Krise viel schneller wieder heraus.
Moderator: Selbst wenn man nichts mehr zum Lachen hat, indem man die Mundwinkel etwas nach oben zieht, spiegelt es irgendwie in sich hinein und man wird glücklich.
Erika Kunz: Es geht sofort in den Körper über und das machen wir auch in unseren Gruppen. |
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